„Porzellan, Papier, Holz oder recyceltes Plastik – uns ist eigentlich egal, aus welchem nachhaltigen Material der Kartenkörper künftig besteht“. Was lapidar klingt, ist nichts weniger als wahre technologische Pionierarbeit, die Stefan Rohringer an diesem Tag möglichst praktisch beschreibt.
Rohringer, langjähriger Leiter des Infineon-Standorts in Graz und seit Kurzem zuständig für alle österreichischen Forschungs- und Entwicklungszentren des deutschen Konzerns, hat im steirischen Metahof-Campus gemeinsam mit seinen Kollegen Patrick Frießer, Benno Flecker und Szabolcs Tompa-Antal Platz genommen. Allesamt trugen sie wesentlich zur Genese einer „Grazer Idee“ bei, die federführend in Infineons „Kontaktlos-Kompetenzzentrum“ in der steirischen Hauptstadt entwickelt wurde und bald global für Aufsehen sorgen könnte.
Beginnen wir aber zunächst einmal mit dem Status Quo einer herkömmlichen Bezahlkarte. Im Kartenkörper, meist aus Plastik produziert, ist mittlerweile einiges an Hochtechnologie verbaut, um etwa kontaktlos bezahlen zu können. Genau diese Hochtechnologie – primär die unterschiedlichen Schichten und die Kupferdrahtantenne, die den gesamten Kartenkörper umfasst und die induktive Kopplung mit dem Lesegerät erst ermöglicht – macht ein einfaches Recycling aber nahezu unmöglich. „2,8 Meter Kupferdraht, sehr dünn und sehr oft aufgewickelt, finden sich heute in einer Karte“, erzählen die Infineon-Experten.
Antenne wandert ins Chipmodul
Jetzt könnte diesbezüglich eine Zeitenwende anstehen. „SECORA Pay Green“ nennt Infineon jene Technologie, die als „weltweit erste kontaktlose Zahlungskartentechnologie, mit der sich bis zu 100 Prozent Plastikmüll einsparen lässt“ beworben wird. Hinter dem Marketingspruch steckt eine völlig neue Konzeption des Zahlungsmoduls auf der Karte.
War es bisher, wie beschrieben, Usus, Kupferdrähte durch das Innere zu ziehen, integrierte Infineon die Antenne fortan im Chipmodul. Ist dieses Modul erst einmal entfernt, in der Handhabung passiert das wie beim Herausdrücken einer SIM-Karte, lässt sich der Kartenkörper tatsächlich vollständig wiederverwerten. Außerdem könne man dank der neuen Technologie in Sachen Rohstoffbeschaffung, etwa durch das Verwenden lokal verfügbarer Rohstoffe wie Holz, und Logistik künftig „mehr als 60 Prozent CO₂ einsparen“, wie es bei Infineon heißt. Denn: „Die Anforderungen ans Trägermaterial der Karten sinken deutlich“.
Längst hat der Konzern in dieser Sache den theoretischen Rahmen verlassen. Gemeinsam mit führenden Zahlungskartenherstellern und prominenten Zahlungsdienstleistern á la Mastercard arbeitet der Technologie-Konzern an der Vorbereitung der Massenfertigung, dieser Tage wird sie öffentlichkeitswirksam vorgestellt. „Die neue Lösung von Infineon ist ein Meilenstein für die Kartenindustrie“, heißt es dazu von Toni Thompson, Manager bei CPI, einem führenden Kartenhersteller.
Funktionieren müssen die Bezahlkarten übrigens kontaktlos auf eine Distanz von 0 bis 4 Zentimeter zum Lesegerät. „Alles, was darüber ist, wollen wir nicht“, heißt es bei Infineon mit Blick auf Normierungen und Sicherheitsaspekte. Die Security-Komponenten selbst befinden sich auf dem nicht einmal zwei mal zwei Millimeter großen und 0,15 Millimeter dicken Mikrochip im Inneren des Moduls.