Eine weitere Zinssenkung im Oktober? „Nicht ganz ausgeschlossen, aber doch eher unwahrscheinlich“ – das war die Losung für die kommende EZB-Zinssitzung am Donnerstag. Mit Betonung auf „war“. Im Nachhall der Zinssitzung am 12. September, der EZB-Rat hatte gerade einstimmig eine Senkung des Einlagenzinssatzes um einen Viertelprozentpunkt auf 3,50 Prozent beschlossen, ging man davon aus, dass die Zinsen erst im Dezember wieder angetastet werden.
Der Stimmungsumschwung folgte mit dem überraschend deutlichen Rückgang der Inflationsrate im Euro-Raum. Die ist im September – erstmals seit Mitte 2021 – mit durchschnittlich 1,8 Prozent unter die Zielmarke der EZB von zwei Prozent gefallen. Mit einem einzigen Satz hat daraufhin Zentralbank-Präsidentin Christine Lagarde die Erwartungshaltung umgedreht: „Wir werden das bei unserer nächsten geldpolitischen Sitzung im Oktober berücksichtigen.“ In der Welt der Notenbanken, in der Worte stets auf die sprichwörtliche Goldwaage gelegt werden, ist das als sehr deutliche Ansage zu werten. Damit gilt eine weitere Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte in dieser Woche plötzlich als äußerst wahrscheinlich – und nicht nur das: Es wird auch davon ausgegangen, dass diese, dann dritte Senkung seit Juni, heuer noch die letzte war. Die Ratsmitglieder tagen übrigens nicht in Frankfurt, sondern halten ihre jährliche auswärtige Sitzung ab, diesmal in Laibach.
Aussichten sind und bleiben äußerst unsicher
Lockerungen in der Geldpolitik sollen auch Impulse für die kriselnde Wirtschaft im Euro-Raum liefern. Österreich und Deutschland verharren in der Rezession, für den gesamten Währungsraum erwartet die EZB dennoch keine schrumpfende Wirtschaftsleistung, wie es dieser Tage hieß. Die Aussichten sind und bleiben aber äußerst unsicher. Die EZB-Volkswirte sind zuletzt von einem Wirtschaftswachstum von 0,8 Prozent für 2024, von 1,3 Prozent für 2025 und von 1,5 Prozent für 2026 ausgegangen.