Es sind gewaltige Zahlen, die dieser Tage wieder einmal aus dem Umfeld von OpenAI, dem Hersteller des populären KI-Chatbots ChatGPT, rieseln. 200 Milliarden US-Dollar, so berichtet es das für gewöhnlich gut informierte Silicon-Valley-Portal „The Information“, will OpenAI bis Ende des Jahrzehnts investieren. Dafür nehme der Konzern auch in Kauf, 2026 einen Verlust von bis zu 14 Milliarden Dollar einzufahren.
Nun, dass Künstliche Intelligenz (KI) gekommen ist, um zu bleiben, hätte man freilich auch ohne diesen numerischen Exkurs erahnen können. Schon jetzt ist die Anwendungspalette ebenso divers wie die Wahrnehmung der Technologie. Eindrucksvoll unter Beweis gestellt wurde das am Donnerstag in der Grazer Seifenfabrik. Zum ersten Mal fand dort der Technology Impact Summit (TIS) statt. Ins Leben gerufen von geballter wissenschaftlicher Kompetenz, fungierten doch als Organisatoren gleich drei Hochschulen (TU Graz, Karl-Franzens-Universität Graz, FH Joanneum) und eine Forschungseinrichtung (Joanneum Research). Inhaltlich drehte sich alles – nonanet – um das Thema KI.
KI: Ökonomische Auswirkungen „nicht abschätzbar“
Aus standortpolitischer Sicht adressierte Noch-Wirtschaftsminister und Bald-Nationalbankchef Martin Kocher das Thema. Sein Befund: Volkswirtschaftlich sei der Einfluss von KI „noch nicht abschätzbar“, aktuelle Studien würden viel Spielraum offen lassen. So würden die Schätzungen in Bezug auf Effizienzsteigerungen und wirtschaftliches Wachstumspotenzial zwischen 0,9 und 19 Prozent über die nächsten zehn Jahre variieren.
Jedenfalls zu beobachten sei, so der Verhaltensökonom Kocher, eine „extrem rasante Entwicklung“. Die sich auch insofern abbildet, als Grundlagenforschung heute viel schneller in konkrete Anwendung kommt, als das bei früheren Technologien der Fall war. Außerdem gelte bei KI eine alte Formel nicht. Besagt diese bei vielen Forschungsgebieten, dass etwa ein Drittel der benötigten Mittel aus öffentlicher Hand und zwei Drittel von Betrieben kommen, basiere die KI-Forschung zu „90 Prozent“ auf den Ausgaben von Unternehmen. Kocher: „Das kann gut oder schlecht sein“.
Bringt KI die Jobs in Gefahr?
Nicht alarmistisch formuliert Martin Kocher übrigens mit Blick auf durch KI gefährdete Arbeitsplätze. „Das wird nicht mehr ganz so dramatisch gesehen“, sagt der Minister. Zu tun habe das einerseits mit Demografie – die Zahl an Menschen im erwerbsfähigen Alter sinkt vielerorts – und andererseits mit Erfahrungswerten. Kocher: „Jede technologische Entwicklung hat im Saldo zu mehr Arbeitsplätzen geführt“.
Philosoph Konrad Paul Liessmann ergänzt diese Einschätzung. Wirklich fürchten müsste man sich um den eigenen Job nur, „wenn wir unsere Ansprüche reduzieren und uns immer nur im Durchschnitt bewegen“. Essenziell sei es, den Umgang mit der „selbsterklärenden Technik“ (Liessmann) KI zu erlernen. Etwa, was die kritische Beurteilung von Quellen betrifft.
Ein „unglaublich mächtiges Werkzeug zur Wissensgenerierung und -erschließung“ sieht wiederum der Informatiker und Jurist Viktor Mayer-Schönberger in gängigen KI-Tools. Durchwegs kritisch sieht der Oxford-Professor das große europäische KI-Gesetz, den AI Act. Dieser sei „nichts anderes als in Gesetzesform gegossenes Glutamat“, bemerkt Mayer-Schönberger provokant – „schmeckt auf den ersten Blick gut, ist aber nicht nachhaltig“. Klüger wäre es, das „Recht so zu konfigurieren, dass es lernen kann“. Mayer-Schönberger plädiert dahingehend für „Regulatory Sandboxes“. Sprich: „Wir definieren Bereiche ohne Regelung, schauen uns an, was dort passiert – und gehen erst dann mit Regulierung rein“.