Es ist ein spielerischer Ausflug in die Vergangenheit, mit hochaktueller Note. „Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern“, fasst ein Zitat des Schriftstellers André Malraux gleich zu Beginn das Prinzip des neuen Finanzsimulators „fit2invest“ zusammen. Oder, wie es Roland Roitner, Veranlagungsprofi bei Raiffeisen und Mitentwickler der webbasierten Anwendung, beschreibt: „Man kann in nur wenigen Minuten Spielzeit 30 Jahre historischer Entwicklungen an der Börse erleben“.
Tatsächlich ist die Barriere gering und schon kurz nach dem Einstieg in das Portal steht man vor ersten Investitionsentscheidungen. Setze ich in der Veranlagung meines Geldes vermehrt auf riskante Aktien? Oder bevorzuge ich tendenziell sicherere Anleihen? Kaufen? Verkaufen? Oder das Geld aufs Sparkonto? Eine besonders spannende Facette des – kostenlosen – Simulators: Integrierte Aktien- und Anleihenmärkte sowie die angeführten Sparbuchzinsen bewegen sich anhand tatsächlicher historischer Daten. In einem Zeitraum zwischen 1972 und der Jetzt-Zeit, die Spieler werden per Zufallsprinzip an einen für sie unbekannten Starttag teleportiert.
Wissenschaft und Wirtschaft kooperieren
Entwickelt wurde fit2invest im Raiffeisen-internen Innovationsprogramm Hummelflug, bald kam die Karl-Franzens-Universität als Sparringspartner an Bord. Verbinden wollen die Initiatoren wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischer Bankenerfahrung. „Uns geht es um die Vermittlung von grundlegenden Informationen über die Finanzwelt und nicht darum, eine einzelne Anlageform zu bewerten“, lässt etwa Stefan Palan vom Institut für Banken und Finanzierung an der KF-Uni wissen.
Die Anwendung veranschauliche „das, was wir als Uni tun können, um den Umgang mit Geld zu verbessern“, ergänzt Uni-Rektor Peter Riedler bei der Präsentation. Einerseits sei es Anliegen der Bildungseinrichtung, dass „fundiertes Finanzwissen möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht wird“. Andererseits gelte es, den „Transfer von Wissen in die Gesellschaft zu ermöglichen.“
Beides sei notwendig, betont Martin Schaller, Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank Steiermark (RLB). Er konstatiert „Aufholbedarf im Finanzwissen“, speziell im „Veranlagungs- und Wertpapierbereich“. Das zeige nicht zuletzt der Blick auf den Status Quo der Geldanlage. Alleine bei der RLB würden zurzeit 3,2 Milliarden Euro auf Giro-Konten liegen. Hochgerechnet auf alle Steirerinnen und Steirer geht Schaller davon aus, dass mehr als sechs Milliarden Euro unverzinstes Guthaben mit inflationsbedingtem, realem Wertverlust auf Giro-Konten „geparkt“ wird.
„Primär fehlendes Fachwissen“
Die „Zurückhaltung auf den Kapitalmärkten“ habe laut Uni-Professor Palan, er erforscht menschliches Verhalten im Finanzkontext, wiederum „primär mit fehlendem Sachwissen“ zu tun. Womit sich der Kreis zum Simulator schließt. Hoffnungsvoll sei die Methode laut Palan auch, weil man aus der Forschung wisse, dass „Erfahrung Erklärung schlägt“.
Eine Frage übrigens kann selbst fit2invest nicht beantworten. Nämlich jene, welche Veranlagungsform und welche Bank die beste sind. Das hänge nämlich von „vielen verschiedenen, persönlichen Faktoren ab“, wie Wissenschafter Palan mit dem Verweis auf „Alter, verfügbare finanzielle Mittel oder Risikobereitschaft“ erklärt.