Trauer um Hellmut Longin, der österreichische Industriegeschichte schrieb. Er verstarb vor wenigen Tagen im Alter von 90 Jahren. Der Dipl.Ing. und Dr. mont. der Montanuniversität Leoben landete einen spektakulären Coup, als er die Österreichische Magnesit AG (ÖAMAG) mit Werken in Radenthein und Hochfilzen als deren Geschäftsführer dem US-Konzern Grefko abkaufte. Longin war 1973 von Grefko als Chef der Europa-Werke eingesetzt worden. 1985 bot er an, die Werke zu kaufen. „Der Preis wurde nach langen Verhandlungen ausgeschnapst, und ich bin dann losgezogen in der österreichischen Bankenwelt, um die vereinbarten 525 Millionen Schilling aufzutreiben. Das war ein recht eigenartiges Unterfangen, weil damals die heimischen Bankvorstände die Konstruktion eines Management- Buy-Outs nicht gekannt hatten. Ich bin mir vorgekommen wie ein Lehrer in der Schule“, erzählte Longin.

In anekdotischen Erinnerungen im Onlinemagazin „aufderüberholspur“ schilderte Longin, wie zwar Girozentrale und Erste Österreichische Sparkasse ihre Zusage hielten, die Zentralsparkasse aber ihre 150 Millionen Schilling zurückzog, sodass der Deal zunächst platzte. Den wollte dann auch der Grefko-Hauptaktionär blockieren, indem er versuchte, Longin an der Ausreise zu hindern. Gleichwohl stellte Longin dann in Österreich die Finanzierung auf, diesmal für 800 Millionen Schilling, von denen die Girozentrale 400 Millionen stellte, den Rest Partner Longins und er selbst. „Ich habe mich mit 120 Millionen Schilling verschuldet und 10,5 Prozent der Aktien gekauft. Gottseidank hat mein Vater das nicht mehr miterlebt, wie ich mich verschuldete“, schilderte er den Heimkauf.

Fundament der heutigen RHI Magnesita AG

Der nächste Coup folgte 1991 mit der Mehrheitsübernahme der Veitscher Magnesit AG  durch die Radex mit dem Kauf von 51 Prozent der Aktien von Karl Kahane um 3,2 Milliarden Schilling (heute 230 Millionen Euro). Die zusammengeführte Veitsch-Radex ist Fundament der heutigen RHI Magnesita AG mit 20.000 Mitarbeitern an fast 50 Produktionsstandorten weltweit, für die unter Longin auch noch die deutsche Didier sowie Dolomiti Franchi in Italien erworben wurden. 1995 schied Longin mit 61 aus dem Vorstand aus, ein späteres verlustreiches US-Abenteuer seiner Nachfolger quittierte Longin mit der Zurücklegung des Ehrenvorsitzes im Aufsichtsrat. Zuletzt lebte Hellmut Longin zurückgezogen in Wolfsberg. Das Mitgefühl wendet sich Gattin Gitte und seinen zwei Kindern mit Familien zu, die er hinterlässt.