Die Vorstände der Finanzmarktaufsicht (FMA) blicken weiterhin mit Sorge auf die Entwicklung an den heimischen Immobilienmärkten. „Wir warnen davor, dass wir uns zu stark in Sicherheit wiegen“, sagte Vorstand Helmut Ettl am Dienstag bei der FMA-Aufsichtskonferenz. Auch wenn die KIM-Verordnung für eine deutlich nachhaltigere Kreditvergabe am Wohnimmobilienmarkt gesorgt habe, sei das Thema noch lange nicht beendet – vor allem bei Gewerbeimmobilien sei Vorsicht geboten.
Wenige Ausfälle in der Vergangenheit
„Insgesamt ist für Immobilien nicht allzu viel Kapital reserviert, weil wir in der Vergangenheit so wenig Ausfälle gesehen haben“, sagte Ettl. Im Wohnimmobiliensektor habe die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-VO) die Risiken für die Finanzinstitute deutlich reduziert. Auch die Nachfrage nach Wohnimmobilien, die zunächst deutlich eingebrochen war, erhole sich derzeit wieder - „auch weil sich die Einkommenssituation verbessert hat“, so Ettl.
Kreditausfälle bei Gewerbeimmobilien
Bei Gewerbeimmobilien ist die Lage dagegen weniger beruhigend. Hier habe es bei den Kreditausfällen (non-performing-loans/NPL) zunächst nur einen leichten Anstieg gegeben, dieser sei nun aber exponentiell geworden. „Die notleidenden Kredite haben sich verdreifacht - sie sind von 1,7 in einem Jahr auf 4,8 Prozent gestiegen“, sagte FMA-Vorstand Eduard Müller. Gleichzeitig läge das Gewerbeimmobilien-Exposure der heimischen Banken bei rund 160 Mrd. Euro, das sind rund 13 Prozent der Bilanzsumme. In Europa sei man damit weit über dem Durchschnitt.
„Feuer am Dach“
Insofern sei in dem Sektor aktuell „Feuer am Dach“. Die Insolvenz der Signa-Gruppe sei kein Einzelfall. „Es gibt viele mittlere Developer im dreistelligen Millionenbereich, die ebenfalls in Schwierigkeiten sind“, so Müller. Um den Problemen am Gewerbeimmobilienmarkt etwas entgegenzusetzen, wurde vom Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) vergangene Woche ein weiterer Kapitalpuffer empfohlen, um die Risiken einzufangen. Damit müssen Banken ab Mitte 2025 mehr Kapital für vergebene Kredite in dem Sektor zur Seite legen. Der Puffer wurde mit 1 Prozent festgelegt.
Die Sorgen um den Gewerbeimmobiliensektor teilt auch Birgit Niessner, Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). „Bei den NPLs gibt es eine Dynamik, die wir so nicht wollen“, so Niessner bei der FMA-Aufsichtskonferenz im Rahmen einer Podiumsdiskussion. Auch die Risikovorsorge für den Sektor hinke hinterher.
„Österreich leider besonders exponiert“
Das Gewerbeimmobilienportfolio in Österreich sei für Niesser „auffällig“. Das sehe man nicht nur an dem großen Gewicht des Sektors in den Bankbilanzen, sondern auch daran, dass mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Gewerbeimmobilienkredite eine Loan-To-Value-Quote (LTV) von über 100 Prozent hätten oder unbesichert seien. Die LTV-Quote gibt das Verhältnis der Kredithöhe zum Immobilienwert wieder. Je höher die Quote ausfällt, umso größer ist die Gefahr, dass der Kreditnehmer das Darlehen nicht bedienen kann.
Ursula Hauser-Rethaller, Bankenaufsichtsexpertin der FMA, wies wie bereits FMA-Vorstand Müller auf das hohe Exposure der Banken in dem Sektor hin. „Dieser hohe Anteil von Gewerbeimmobilienkrediten, wo die Loan-To-Value-Quote sehr hoch ist, ist auch ein Risiko, für das wir in Österreich leider besonders exponiert sind. Die FMA als Aufsichtsbehörde ist verpflichtet, auf Veränderungen in der Risikosituation zu reagieren“, so die Expertin im Hinblick auf den am Freitag vom FMSG empfohlenen sektoralen Puffer für die Banken.
BKS-Vorständin skeptisch
Claudia Höller, Vorstandsmitglied der BKS Bank, sieht diesen Puffer hingegen kritisch. „Mir fehlt die Fantasie, was ein sektoraler Systempuffer - vor allem wenn er nächstes Jahr kommt - wirklich an Finanzstabilität bringen soll“, sagte Höller. Auf den Bankensektor kämen in den kommenden Jahren viele neue Regulierungsvorschriften zu, darunter auch Basel IV, was aus ihrer Sicht das Thema Immobilienrisiken bereits sehr gut abdecke. Der Puffer sei aus ihrer Sicht zu kurzfristig gedacht. Anstatt die Regulierung immer noch stärker auszuweiten, sollte mehr darauf geachtet werden, dass die Banken genügend Flexibilität behielten um Unternehmen auch helfen zu können.