Die Nationalratswahlen sind geschlagen, nun dreht sich alles um die Frage, welche Parteien sich mit welchen Schwerpunkten auf eine neue Bundesregierung einigen werden. Aus Sicht heimischer Spitzenmanager sind die Prioritäten klar: Sie sehen den künftigen Erfolg des Wirtschaftsstandorts in massiver Gefahr. Auf Einladung der Kleinen Zeitung trafen sich in der Wiener Redaktion Rodrigo Diehl (Magenta), Thomas Gangl (Liberty Steel ehemals Borrealis), Julian Jäger (Flughafen Wien), Franz-Robert Klingan (Bain), Stefan Krenn (Novomatic), Franz Viehböck (Berndorf), Jürgen Mellitzer (KPMG), Hermann Gmeiner-Wagner (Juwelier Wagner), Andreas Heindl (Heindl Confisserie) sowie Michael Heritsch (FH Wien). Für das leibliche Wohl sorgten Spitzenkoch Hubert Wallner und Winzer Samo Simonic mit slowenischen Klasseweinen des steirischen Stift Admont.
„Wir brauchen einen positiveren Zugang zu Wirtschaft – und das nicht nur in Österreich“, so kurz und bündig formuliert Flughafen-Vorstand Jäger die Erwartungshaltung an eine neue Bundesregierung. Die Notwendigkeit dafür zeigt sich für ihn auch bereits in der neu zusammengesetzten EU-Kommission, die eine deutlich wirtschaftsfreundlichere Handschrift erwarten lasse. Noch grundsätzlicher formuliert es Jürgen Mellitzer (KPMG): „Die Politik muss sich wieder bewusst werden, dass sie eine Vorbildfunktion innehat und Stabilität und Verantwortungsbewusstsein verkörpert.“ Dass Politik stets im Wettbewerb gegensätzlicher Interessen steht, ist dabei allen klar: „Doch wenn es uns nicht gelingt, Wachstum und Klimaschutz zu verbinden, verlieren wir die Leute“, ist Jäger überzeugt.
Metallbranche unter Druck
Leistbare Energie, geringe Inflation und qualifizierte Arbeitskräfte, „egal, woher sie kommen“, so Juwelier Gmeiner-Wagner: Diese drei harten Faktoren sind, so der Konsens in dieser Runde, unerlässlich, um den Standort wieder nach vorne bringen. Denn derzeit würden viele KMU ihre Investitionsentscheidungen zum Nachteil Österreichs treffen, weiß Franz Viehböck, einst Österreichs erster Kosmonaut und heute Berndorf-Manager, aus der Metall verarbeitenden Industrie zu berichten: „Hier haben wir um 50 Prozent gesunkene Betriebsergebnisse, von daher rechne ich mit einer stark steigenden Arbeitslosigkeit.“
Für Beratungsprofi Klingan (Bain) ist es schlicht ärgerlich, wie weit Österreich unter seinen Möglichkeiten bleibe, denn für ihn ist klar: „Das Potenzial ist da.“ Doch zu viel Regulierung und zu hohe Hürden für Kapitalzufluss verhindern für ihn dessen Entfaltung. Es brauche weniger, dafür aber langfristig stabile Vorgaben und Regelungen der Politik für die Unternehmen. Eine neue Regierung müsse „ein starkes Signal an Investoren“ senden, ist Magenta-Manager Diehl überzeugt. „Dazu gehöre aber auch, dass die geltenden Spielregeln auch Bestand haben und nicht willkürlich geändert werden.“ Damit spricht Diehl etwa die neu aufgebrochene Debatte um die Zulässigkeit von Servicepauschalen an.
„Wir verlieren die Jungen“
Einen weiteren düsteren Befund bringt schließlich noch Fachhochschul-Chef Heritsch in Bezug auf die Jungen ein: „Die Dropout-Rate ist in den vergangenen Jahren mit 20 Prozent in beispiellose Höhen geschossen“ – trotz immer angenehmerer Studienbedingungen. Als Ursache nennt er die seit der Pandemie gestiegenen existenziellen Ängste von immer mehr Jugendlichen. Es sei auch an der Politik, wieder Optimismus und positive Zukunftsvisionen zu vermitteln, statt bloß auf Weltuntergangsstimmung zu setzen.