Pendlerinnen und Pendler bleibt der Weg zur Arbeit nicht erspart, auch wenn sie dorthin aufgrund der Bahn-Streckensperren nach dem Hochwasser nun deutlich länger brauchen. „Man muss alles Zumutbare unternehmen, um die Arbeitsleistung zu erbringen“, erklärte der Arbeitsrechtsexperte Martin Gruber-Risak von der Uni Wien am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“. Was im konkreten Fall als zumutbar gilt, hänge von verschiedenen Faktoren ab, oft sei auch Homeoffice eine Option.

„Unverschuldete Arbeitsverhinderung“

Eine Dienstverhinderung, die eine Entgeltfortzahlung begründet, bestehe grundsätzlich immer dann, „wenn die Arbeitsleistung unterbleibt, aus Gründen, die dem Dienstnehmer zuzurechnen sind, die er aber nicht verschuldet hat“, sagte Gruber-Risak, der am Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien tätig ist. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen dennoch alles Zumutbare unternehmen, um die Arbeitsleistung trotzdem zu erbringen. Im Fall einer Bahn-Streckensperre wäre das etwa der Umstieg auf das Auto oder eine andere Route mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Wie viel zusätzliche Wegzeit zumutbar ist, hänge von verschiedenen Faktoren ab, es gebe jedenfalls keine klaren Grenzen. „Es ist immer die Frage, was war vorher schon der Arbeitsweg und was kommt hinzu“, sagte Gruber-Risak. Als Faustregel verwies der Experte auf das Arbeitslosenversicherungsgesetz, dort gelte eine Pendelzeit für Hin- und Rückfahrt von zwei Stunden pro Tag bei Vollzeitbeschäftigung als „jedenfalls zumutbar“.

Wenn keine Alternative besteht

Problematisch wird es, wenn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gar keine Alternative zur gesperrten Bahn haben, etwa weil sie kein Auto besitzen. „Dann ist mir die Arbeitsleistung unmöglich, wenn ich keine Alternative habe, dann wird mir wohl die Beendigung des Arbeitsverhältnisses drohen“, so Gruber-Risak, schließlich sei es Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auch nicht zumutbar, zu warten, bis die Bahnstrecke wieder befahrbar ist.

Einen Anspruch auf Homeoffice gibt es in Österreich nicht. Allerdings sei es in Branchen, in denen die Arbeitsleistung auch von zuhause aus erbracht werden kann, unter Umständen wohl denkbar, dass die Homeoffice-Möglichkeit auf absehbare Zeit gewährt werden muss, bevor es zur Kündigung kommt.

Was gilt bei Kinderbetreuung?

Wenn jüngere Kinder aufgrund von Streckensperren nicht in die Schule kommen, sei es für einen Elternteil grundsätzlich möglich, zuhause zu bleiben und sich auf die Betreuungspflichten zu berufen. Allerdings komme es auch hier auf das Alter des Kindes an, die Grenze werde typischerweise bei zwölf Jahren gezogen. Außerdem sei auch wieder die Frage, ob andere Betreuungsmöglichkeiten zumutbar wären, etwa bei Verwandten.

Grundsätzlich sei wichtig, mit dem Arbeitgeber eine Lösung zu finden. Sollte das nicht gelingen, können sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an die Arbeiterkammer (AK) wenden.