OpenAI kommt nicht zur Ruhe. Während die US-Softwarefirma an der Weiterentwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet, muss sie immer wieder Schlüsselpositionen neu besetzen. So kündigte Technologiechefin Mira Murati am Mittwoch (Ortszeit) überraschend ihren Rückzug an. Außerdem will OpenAI-Chef Sam Altman Insidern zufolge die Eigentümerstruktur umkrempeln, um sich für Investoren attraktiver zu machen.
150 Milliarden Dollar wert
Die gemeinnützige Organisation, die bislang über den Verwaltungsrat den gewinnorientierten Teil des ChatGPT-Entwicklers kontrolliert, solle ihre Mehrheit abgeben, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen. Außerdem werde die Obergrenze für die Rendite von Investoren aufgehoben. Im Rahmen der Restrukturierung erhalte Firmenchef Altman Aktien des gewinnorientierten Unternehmensteils, dessen Gesamtwert auf 150 Milliarden Dollar taxiert wird. „Wir konzentrieren uns weiterhin auf die Entwicklung von KI, die allen zugutekommt“, teilte OpenAI mit. „Die gemeinnützige Organisation ist das Herzstück unserer Mission und wird auch weiterhin bestehen.“
Diese solle nach der Restrukturierung eine Minderheit am gewinnorientierten Unternehmensteil halten, sagten die Insider weiter. Über die Details werde noch verhandelt. Außerdem sei der Zeitplan noch unklar.
Hochkarätige Abgänge
Der mögliche Firmenumbau fällt mit einigen hochkarätigen Abgängen zusammen. „Ich ziehe mich zurück, weil ich mir Zeit und Raum für eigene Forschungen schaffen möchte“, schrieb Technikchefin Murati auf dem Kurzmitteilungsdienst X. Sie arbeitet seit sechseinhalb Jahren bei dem Unternehmen und leitete es während der Posse um den Kurzzeit-Rauswurf von Firmenchef Altman im November 2023 kurzzeitig. Sie gehört neben Altman zu den bekanntesten Gesichtern des Unternehmens und leitete beispielsweise die Vorstellung der KI-Version „GPT-4o“ im Mai.
Murati hat Altman nach dessen Aussagen bezüglich ihrer Entscheidung nicht vorgewarnt. Sie habe ihm aber erklärt, dass sie das Unternehmen in einer Aufschwungphase verlassen wolle und es „niemals einen guten Zeitpunkt“ gebe, schrieb Altman auf X.
„Sichere KI“ als früheres Ziel
Mit Barret Zoph und Bob McGrew kündigten parallel zu Murati zwei leitende Entwickler ihren Abschied an. In den vergangenen Wochen hatten bereits die OpenAI-Mitgründer John Schulman und Ilya Sutskever ihren Hut genommen. Es blieb zunächst unklar, ob sich die jüngsten Abgänge auf die Suche nach weiteren Kapitalgebern für OpenAI auswirken werden.
OpenAI wurde 2015 als gemeinnützige Einrichtung zur Forschung an Künstlicher Intelligenz (KI) gegründet. Vier Jahre später kam OpenAI LP als gewinnorientierte Tochter hinzu, in die unter anderem der Software-Konzern Microsoft Milliarden investiert hat. Ende 2022 veröffentlichte das Unternehmen ChatGPT und löste einen weltweiten KI-Boom aus, der immer noch anhält.
Die ungewöhnliche Eigentümerstruktur von OpenAI sollte ursprünglich dazu dienen, die Entwicklung einer „sicheren Künstlichen Allgemeinen Intelligenz“ (Artificial General Intelligence, AGI) sicherzustellen. Diese „Superintelligenz“ soll der Menschheit dienen. Im vergangenen November hatte der Verwaltungsrat Firmenchef Altman wegen mangelnder Kommunikation und eines Vertrauensverlustes zunächst gefeuert. Der Geschasste kehrte aber wenige Tage später wieder auf seinen Posten zurück.
„Wie ein Start-up agieren“
Gibt der gemeinnützige Teil von OpenAI die Kontrolle über das gewinnorientierte Unternehmen ab, kann dieses wie ein gewöhnliches Startup agieren. Investoren kommt dies entgegen. Kritiker befürchten allerdings, dass OpenAI dadurch die Tests für mögliche negative Folgen von KI vernachlässigen könnte. Das Unternehmen hatte zuvor bereits das Team, das sich mit diesem Thema beschäftigte, aufgelöst.
Es blieb zunächst unklar, wie viele OpenAI-Anteile Altman im Rahmen der Restrukturierung erhalten soll. Ihn haben Engagements bei anderen Startups bereits zum Milliardär gemacht.