Die andauernde Wirtschaftsrezession und die schlechte Verbraucherstimmung belasten weiterhin die heimischen Handelsbetriebe. „Der Handel lebt besonders von der Stimmung“, sagte Handelsobmann Rainer Trefelik beim „Handelstag“ der Wirtschaftskammer am Dienstag in Wien. Von der kommenden Regierung erwarten sich Trefelik und WKÖ-Chef Harald Mahrer „positive Veränderungen“, damit es zu einem Stimmungsumschwung bei Konsumenten und Unternehmen kommt.
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr machte den versammelten Händlern Mut für die kommenden Monate und 2025. Die Sparquote in Österreich sei hoch, es gebe höhere Reallöhne und die Arbeitslosenzahlen würden für eine Wirtschaftsrezession verhältnismäßig schwach steigen. Daher sei es „angerichtet für einen konsumgetriebenen Aufschwung“.
„Vertrauenskrise ist Wurzel des Problems“
Der Konsum habe auch in den vergangenen Quartalen die heimische Konjunktur gestützt, sonst wäre die Rezession deutlich tiefer ausgefallen, erinnerte der Wirtschaftsforscher. Der kommenden Regierung empfahl Felbermayr für 2025, klassische Standortpolitik zu forcieren und „kein Sparpaket“ oder Einsparungen bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik (u.a. AMS-Schulungen) auf die Agenda zu setzen. „Die Vertrauenskrise ist die Wurzel des Problems“, sagte der Wifo-Chef. „Um das Vertrauen fundamental zu verändern, müssen die Hausaufgaben gemacht werden.“ Die künftige Regierung müsse „glaubwürdige Maßnahmen“ setzen.
Sprunghafter Konsummotor
Ebenfalls auf die hohe Sparquote der privaten Haushalte verwies Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Man müsse den Konsumentinnen und Konsumenten „mehr Zuversicht geben“. Wenn sich die Lage drehe, dann könne der Konsum „recht rasch“ anspringen, erwartet der Wirtschaftsminister. Kocher rief die Händler auf, mehr Geld in Forschung & Entwicklung (F&E) zu investieren. Dies könne ein neuer Vertriebsweg, eine neuartige Datenanalyse oder ein neues Produkt sein. Österreich müsse als Hochlohnland mit Innovation gegenüber anderen Ländern punkten.
Was die Zahlen sagen
Im Handel waren die Umsätze heuer von April bis Juni laut Statistik Austria nominell um 1,4 Prozent niedriger als im Vorjahresquartal, inflationsbereinigt (real) gab es ein Erlösminus von 1,8 Prozent. Das schleppende Geschäft schlägt sich auch bei den Pleitemeldungen nieder. Eine am Dienstag veröffentlichte Hochrechnung der heurigen Insolvenzzahlen bis Ende September des Gläubigerschützers KSV zeigen, dass der Handel (853 Fälle, + 16 Prozent gegenüber 2023) seit Jahresbeginn im Branchenvergleich die meisten Unternehmenspleiten verzeichnete. Betroffen sind laut KSV sowohl der Groß- als auch der Einzelhandel.
Der personalintensive Handel spürt die inflationsbedingt hohen Kollektivvertragsabschlüsse besonders. Ende Dezember 2023 einigten sich Gewerkschaft und Wirtschaftskammer nach monatelangem Tauziehen auf eine gestaffelte Gehalts- und Lohnerhöhung zwischen 8,3 und 9,2 Prozent. Die Umsatzentwicklung stimme mit der „Kostenentwicklung nicht zusammen“, so Handelsobmann Trefelik.
Strategie gegen chinesische Konkurrenz
Trefelik und Mahrer drängen auf nationaler und EU-Ebene auf ein schärferes Vorgehen gegen Billig-Konkurrenz aus China wie Temu und Shein. Derzeit gebe es „keine faire Wettbewerbssituation“, weil sich europäische Händler im Gegensatz zur chinesischen Konkurrenz an alle EU-Vorgaben halten müssten.
Von Trendforscher Jack Stratten hieß es indes: „Niemand kann mit Shein, Temu und Amazon konkurrieren. Vergessen Sie diesen Teil des Marktes.“ Die größte Herausforderung sei die Kundenbindung. Kunden hätten heutzutage eine viel größere Auswahl an Marken und Produkten als noch vor 10 bis 15 Jahren. Händler müssten sich klar werden, wie man sich von der Konkurrenz differenziere, so der Trendforscher. Manche Handelsbetriebe würden versuchen, sich durch zusätzliche Dienstleistungen oder neue Shopkonzepte abzuheben.