Der Vorstandschef des steirischen Leiterplattenherstellers AT&S, Andreas Gerstenmayer, scheidet mit 30. September vorzeitig aus dem Vorstand aus. Die Entscheidung sei „völlig überraschend“, erklärte ein Unternehmenssprecher ohne weitere Details zu den Hintergründen oder der Nachfolge zu nennen. Der Industrielle Hannes Androsch, dessen Stiftung mit 18 Prozent am Leiterplattenhersteller beteiligt ist, sprach von einer „persönlichen Entscheidung“ Gerstenmayers.
Die Aktien von AT&S sind nach Bekanntwerden der Personalentscheidung am frühen Dienstagnachmittag an der Wiener Börse unter Druck geraten. Die Titel des Leiterplattenherstellers rutschten gegen 13.50 Uhr um 5,31 Prozent auf 19,62 Euro ab. Zum Vergleich: Der heimische Leitindex ATX notierte zu diesem Zeitpunkt rund 0,3 Prozent im Plus.
Seit 2010 AT&S-Chef
Gerstenmayer, der früher den Siemens-Mobility-Standort in Graz geleitet hat, ist seit Februar 2010 Vorstandschef von AT&S. Sein Vertrag wäre noch bis 31. Mai 2026 gelaufen.
Erst am Montag war der Verkauf des koreanischen AT&S-Werks um 405 Millionen Euro kommuniziert worden. Der Verkauf von Ansan resultierte auch daraus, dass eine geplante Kapitalerhöhung im Mai kurzfristig wieder abgesagt wurde. Zuvor wurde u. a. über einen Einstieg der Staatsholding ÖBAG verhandelt – als einer der Architekten des Deals gilt Andreas Gerstenmayer. Aufgrund unterschiedlicher Auffassungen auf Eigentümerebene, wie zu vernehmen war, scheiterte das ÖBAG-Investment aber.
Knapp vor einer überraschend einberufenen Aufsichtsratssitzung am 6. September wurde die geplante Kapitalerhöhung wieder Thema. In einem Artikel der Presse war zu lesen, dass Androsch den Termin nutzen wolle, um „seinen größten Widersacher, AT&S-Chef Gerstenmayer aus dem Konzern zu drängen“. Zu persönlichen Konflikten hätten laut dem Bericht zuvor beschriebene Kapitalerhöhung und deren Folgen geführt. Hannes Androsch drohte eine Verwässerung seines AT&S-Anteils, Andreas Gerstenmayer soll intern wiederum die gescheiterte ÖBAG-Runde als Grund für Personalabbau und eben den Verkauf des Südkorea-Werks genannt haben.
Verluste und Stellenabbau
Jedenfalls kämpfte AT&S nach einem Nachfragehoch in Pandemie-Zeiten zuletzt mit einem deutlichen Absatzrückgang und Verlusten. Im ersten Quartal 2024/25 hatte AT&S im Jahresvergleich einen kräftigen Verlust eingefahren, wie Anfang August bekannt gegeben wurde. Das Betriebsergebnis (Ebit) reduzierte sich von plus 8 auf minus 8 Millionen Euro, das Konzernergebnis von minus 2 auf minus 34 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) gab von 75 auf 65 Millionen Euro nach, der Umsatz reduzierte sich leicht von 362 auf 349 Millionen Euro. „Wie erwartet, bewegen wir uns weiterhin in einem schwierigen Marktumfeld mit wechselnden Prognosen. Die angesagte Erholung des Marktes findet statt, erfolgt aber langsamer als vorhergesagt. Wir rechnen damit, dass sich die Situation gegen Ende des laufenden Geschäftsjahres stabilisiert“, kommentierte Konzernchef Gerstenmayer damals.
Im Mai hat AT&S den Abbau von weltweit rund 1000 Stellen angekündigt, davon 200 bis 250 an den österreichischen Standorten Leoben-Hinterberg sowie Fehring. Bereits im Geschäftsjahr davor hat AT&S seine Belegschaft inklusive Leihpersonal um ein Zehntel auf 13.828 reduziert. Damals drehte das Betriebsergebnis von plus 137 Millionen Euro auf einen Jahresverlust von 37 Millionen Euro. Der Jobabbau fand zu diesem Zeitpunkt vor allem in China statt, weniger in Österreich.