Das Geschäft mit dem Müll verspricht wenig Glanz und Gloria, doch lässt sich damit gut Geld verdienen. Rund fünf Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet der Sektor im Jahr. Der Markt ist umkämpft, obwohl er jedes Jahr mehr abwirft. So wird der Müllberg nicht kleiner, 73,9 Millionen Tonnen türmten sich laut Umweltbundesamt 2022 auf, 5,3 Millionen Tonnen davon kommen aus privaten Haushalten.
Um deren Entsorgung soll sich ab Mitte 2002 ein Kartell gebildet haben, das sich mit Preisabsprachen den Markt aufteilte. Seit 2021 arbeitet die Bundeswettbewerbsbehörde die Causa auf. Mit der FCC Austria Abfall Service AG (FCC) und Saubermacher wurde zwei Großen der Branche der Kronzeugenstatus zuerkannt, Saubermacher akzeptierte zudem eine Geldbuße in der Höhe von 7,085 Millionen Euro.
Kartell-Ermittlungen sind langwierig, das zeigt das Baukartell, das 2016 aufgeflogen ist und in dem bis heute Strafen verhängt werden. Das „Müllkartell“ wirft ein Schlaglicht auf eine Branche, der ansonsten wenig Aufmerksamkeit zuteilwird. Ein Schaden lässt sich seriös noch nicht beziffern, auch wenn Geschädigte bereits Wiedergutmachung fordern.
„Als Interessensvertretung für Gemeinden und Gemeindeverbände im Bereich der kommunalen Abfallwirtschaft verurteilen wir das Vorgehen der betroffenen Betriebe aufs Schärfste – durch solche Geschäftspraktiken sehen wir das Vertrauen der Bevölkerung in die gesamte Abfallwirtschaft in Österreich geschädigt“, erklärt Anton Kasser, Präsident der Arge Österreichischer Abfallwirtschaftsverbände (Arge AWV), der Kleinen Zeitung. Und weiter: „Wir sind mit unseren Mitgliedern bereits im engen Austausch, um weitere Schritte vorzubereiten, sobald aus dem Verfahren neue Erkenntnisse gewonnen werden.“ Es wird die Frage zu klären sein, wie ein Schaden überhaupt festgestellt werden kann.
Auch der Gemeindebund und die Republik – in Person von Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur – streben eine Wiedergutmachung an. Das will die Interessenvertretung der inkriminierten privaten Abfallwirtschaft, der Verband der Österreichischen Entsorgungsbetriebe (VOEB), auf Anfrage nicht kommentieren. Veronika Wüster, Geschäftsführerin: „Als Branchenvertretung verurteilt der VOEB kartellrechtswidriges Verhalten in jeglicher Form. Gegen den Verband wird nicht ermittelt.“
Der Verband vertritt derzeit mehr als 260 Unternehmen (49 in der Steiermark, 16 in Kärnten) „und repräsentiert zwei Drittel – gemessen am Umsatz und den Beschäftigten – der privaten österreichischen Abfallwirtschaftsbetriebe“, so Wüster. Direkt und indirekt beschäftige die Branche rund 43.000 Menschen, entsorgt und verwertet zwei Drittel des in Österreich anfallenden Abfalls. Diese mehr als 260 Betriebe erlösen rund vier Milliarden Euro Umsätze im Jahr.
Jährlich rund 900 Millionen Euro Gebühren
Städte und größere Kommunen machen die Abfallorganisation selbst, weshalb die Vereinigung öffentlicher Abfallwirtschaftsbetriebe (VÖA) darauf pocht, von den Ermittlungen nicht betroffen zu sein. Geschädigte der Absprachen sind Abfallwirtschaftsverbände und Gemeinden, die das Müllsammeln per Ausschreibung an private Firmen vergeben. Umkämpft und begehrt sind vor allem die Aufträge größerer, gut angebundener Gemeinden, während kleine Kommunen schwieriger ein gutes Angebot erhalten, schildern Insider. Draufgezahlt haben letztlich jene Bürgerinnen und Bürger, die pro Jahr rund 900 Millionen Euro an Müllgebühren abliefern.
Größtenteils handelt es sich bei den privaten Entsorgern um Klein- und Mittelbetriebe. Einige wenige Große ragen heraus, dazu zählen eben die international agierende FCC (Teil der spanischen FCC-Gruppe), Brantner mit Sitz in Krems, die Loacker Gruppe in Vorarlberg und die steirische Saubermacher AG, die nach eigenen Angaben 1600 Kommunen in acht Ländern betreut.
Auf die Frage, ob mit dem Kartell die gesamte Branche in Misskredit gezogen werde, antwortet Wüster mit einem klaren „Nein“. Der Abfall- und Ressourcenwirtschaft komme in den nächsten Jahren „vielmehr eine entscheidende Rolle zu, um die weitreichenden EU-Klimaziele zu erreichen“. Als Verband bekenne man sich zu strengen Compliance-Regeln. Entsprechende Schulungen seien in den letzten Jahren „massiv ausgeweitet“ worden.