Wie erwartet dreht die Europäische Zentralbank (EZB) an der Zinsschraube. Der für die Finanzmärkte relevante Einlagenzinssatz wird um 0,25 Prozent von 3,75 auf 3,50 Prozent gekappt. Zu diesem Zinssatz können Banken kurzfristig Geld bei der EZB anlegen. Das gab die EZB im Anschluss an ihre Ratssitzung am Donnerstag bekannt. Möglich wird die Zinssenkung aufgrund der abnehmenden Inflationsgefahr. Die europäischen Leitbörsen haben sich am Donnerstag nach der Zinssenkung der EZB weiterhin mit deutlichen Zuwächsen präsentiert.

Einstimmiger Beschluss

Die Senkung der Leitzinsen wurde einstimmig beschlossen, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Anschluss bei einer Pressekonferenz. Ob es bei der nächsten Sitzung des EZB-Rates in bereits sechs Wochen zu weiteren Zinssenkungen kommen werde, lassen sich die Währungshüter offen. Einmal mehr betont der EZB-Rat, dass er sich im Voraus auf keinen bestimmten Zinspfad festlegt. „Wir entscheiden von Sitzung zu Sitzung“, so Lagarde.

Geld leihen wird günstiger

Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken Geld bei der EZB leihen (allgemein bekannt als Leitzins), wird um 0,6 Punkte auf 3,65 Prozent verringert. Dass der Schritt nach unten größer ausfällt als beim Einlagesatz, ist eine Folge der im Frühjahr beschlossenen Änderungen am operativen Rahmen der EZB.  Die Zinssenkung war auch in dieser Höhe so erwartet worden.

Zuletzt hatte sich die Inflation in der Eurozone mit 2,2 Prozent im August dem EZB-Ziel von mittelfristig 2 Prozent genähert. Die Währungshüter um EZB-Präsidentin Lagarde hatten im Juni die Zinswende nach unten vollzogen, als sie den Zinssatz vom Rekordhoch von 4,50 auf 4,25 Prozent drückten. Im Juli ließ die EZB die Zinsen unverändert und hielt sich die Tür für Leitzinssenkungen im September offen.

Weniger Wachstum, sinkende Inflation

Die Europäische Zentralbank (EZB) blickt etwas pessimistischer auf die Konjunktur in der Währungsunion, bekräftigt aber zugleich ihre Inflationsprognose. Die Notenbank-Ökonomen erwarten für dieses Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone von 0,8 Prozent. 2025 soll beim Bruttoinlandsprodukt ein Plus von 1,3 Prozent und 2026 von 1,5 Prozent herausspringen. Im Juni waren die EZB-Ökonomen noch von Werten von 0,9 Prozent für 2024, 1,4 Prozent für 2025 und 1,6 Prozent für 2026 ausgegangen.

Die Verbraucherpreise legen 2024 um durchschnittlich 2,5 Prozent zu, 2025 um 2,2 Prozent und 2026 um 1,9 Prozent. Damit wäre 2026 das mittelfristige Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent erreicht, die den Währungshütern als optimales Niveau für den Euroraum vorschwebt.


Eine Zinssenkung von 25 Basispunkten, also 0,25 Prozentpunkten, galt im Vorfeld an der Börse als bereits „eingepreist“.