Die Europäische Zentralbank (EZB) kennt drei zentrale Zinssätze, an denen sie „schraubt“, um die Eurozone geldpolitisch zu steuern. Da wäre zunächst einmal der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz. Diesen müssen Banken an die EZB zahlen, wenn sie sich „eine Woche lang Geld bei der EZB leihen“, wie es von der Notenbank heißt. Der Spitzenrefinanzierungssatz wiederum fällt an, wenn Banken kurzfristigen Liquiditätsbedarf haben und quasi „über Nacht“ Kredite von der EZB erhalten. Den dritten Satz, den Einlagenzins, zahlt die EZB an Geschäftsbanken, wenn diese überschüssiges Geld bei der Zentralbank parken.
Wurde in der jüngeren Vergangenheit vom Leitzins gesprochen, meinte man meist den Hauptrefinanzierungssatz. Dieser findet sich auch in den meisten medial verwendeten Grafiken wieder und wurde am Donnerstag, im ersten Augenblick überraschend, deutlich um 0,6 Prozentpunkte gesenkt. Er liegt nun bei 3,65 Prozent.
In der Realität, vor allem in jener von Sparern und Kreditnehmern, wiegt indes seit geraumer Zeit ein anderer Zins, der Einlagenzins, schwerer. Diesen zahlen Geschäftsbanken, abzüglich einer Marge, nämlich ihren Kunden. Auch der bei variabel verzinsten Krediten so wichtige Euribor-Zinssatz liegt deutlich näher am Einlagensatz. Ihn senkte die EZB jetzt aber „nur“ um 0,25 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent. Der Spitzenrefinanzierungssatz sank auf 3,9 Prozent.
Technische Gründe für sinkende Zinsen
„Es wurde schon in den letzten Jahren eigentlich primär auf den Einlagensatz geschaut“, sagt auch Wolfgang Ules, Chef der Kapitalanlagegesellschaft Security KAG. Vor allem, als der Zinssatz in Zeiten der Nullzinspolitik „negativ wurde“, wie Ules erinnert. „Für Konsumenten ist in Wahrheit natürlich keiner der EZB-Zinssätze direkt entscheidend, sondern der davon abgeleitete Euribor“, ergänzt der Kapitalmarktexperte.
Warum aber bewegte sich der Hauptrefinanzierungssatz diesmal nicht im Gleichklang mit den anderen beiden Zinssätzen nach unten? Das hat mit einem neuen Rahmenwerk zu tun. Im März angekündigt, setzt die EZB dieses jetzt ab 18. September um. Vorgesehen ist dort, dass der Hauptrefinanzierungssatz nur noch einen Abstand von 15 Basispunkten (0,15 Prozentpunkte) zum Einlagensatz hat – bisher waren es 50. „Die EZB möchte damit unter anderem die potenziellen Schwankungen der kurzfristigen Geldmarktsätze verringern“, erklärt Wolfgang Ules. Zugleich sollen Anreize zur Teilnahme am wöchentlichen Kreditgeschäft der EZB geschaffen werden.