Vor mehr als 40 Jahren, im Jahr 1980, ließ sich der US-IT-Konzern Apple im irischen Cork nieder. Es sollte der Beginn einer bis heute viel beachteten Beziehung sein, in die sich nun Europas Höchstgericht garstig einmischt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied in einem aktuellen Spruch nämlich gegen die Position von Apple, Irland und einem vorgelagerten Gericht – und für jene der EU-Kommission. Diese ist sich sicher, dass Irland Apple eine unverschämt und vor allem unzulässig niedrige Steuerquote einräumte. Was wiederum die Beihilfe-Richtlinien der europäischen Staatengemeinschaft verletze. Die Folge? Irland muss von Apple jetzt Steuern in Höhe von 13 Milliarden Euro zurückfordern.
Für Jubel sorgten die Richter in Luxemburg bei der scheidenden EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Die dänische Politikerin versuchte in den letzten zehn Jahren immer wieder, dem Treiben der großen US-Techkonzerne Einhalt zu gebieten. Waren Vestager & Co bei ähnlich gelagerten Fällen rund um Unternehmen wie Starbucks oder Amazon noch rechtlich gescheitert, endet die Causa Apple nun mit einem Triumph. „Es ist wichtig, den europäischen Steuerzahlern zu zeigen, dass wir Steuergerechtigkeit durchsetzen können“, heißt es von Vestager am Montag. Das Urteil gegen Apple hätte sie zu Tränen gerührt.
Die Nachzahlung wurde von der Kommission schon 2016 verordnet, den Betrag deponierte Apple bereits vor Jahren auf einem irischen Treuhandkonto. Von dort gehen die 13 Milliarden – nur um die Summe in Relation zu setzen sei auf Apples Halbjahresumsatz verwiesen, der heuer bei 190 Milliarden Euro zu liegen kam – jetzt an die irische Regierung. Der iPhone-Konzern selbst äußert sich nach dem Urteil naturgemäß enttäuscht und kritisiert, es werde vollends ignoriert, dass der Konzern im beanstandeten Zeitraum bereits in den USA Steuern auf erzielte Gewinne entrichtet hätte. Irland erklärte nur, der Vorgang habe allenfalls „historische Bedeutung“, selbst hätte man das Regulativ in den letzten Jahren sukzessive angepasst.
„Größte juristische Niederlage Googles“
Zugleich fällte der EuGH am Dienstag ein zweites, weitreichendes Urteil: Google muss 2,4 Milliarden Euro Strafe zahlen. Der Tech-Riese habe seinem eigenen Preisvergleichsdienst „Google Shopping“ einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft und damit seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Die EU-Kommission kam schon 2017 zum Entschluss, dass der Internetriese auf der Seite für allgemeine Suchergebnisse die Ergebnisse seines eigenen Preisvergleichsdienstes optisch deutlich bevorzugt.
Bereits 2017 hätte man Veränderungen vorgenommen, „um der Entscheidung der Kommission nachzukommen“, heißt es nun indes von Google. Jedenfalls aber beruhe das Urteil „auf einem sehr speziellen Sachverhalt“. Tatsächlich spricht auch der EuGH davon, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen, das eigene Produkte begünstigt, nicht automatisch kriminell sei. Im Falle der Preisvergleichsdienste aber hätte Google aber diskriminierend gehandelt.
Anwälte wie Thomas Höppner von der deutschen Kanzlei Hausfeld sehen im EuGH-Urteil dennoch große Strahlkraft. Es sei die „größte juristische Niederlage in Googles Unternehmensgeschichte“, sagt Höppner im Handelsblatt. Behörden auf der ganzen Welt hätten nun ein Fundament, um „Google auch in vielen anderen Bereichen härter an die Kandare zu nehmen“.
Matthias Kettemann, Professor für Innovationsrecht an der Uni Innsbruck, sieht im Gespräch mit der Kleinen Zeitung jedenfalls „gute und wichtige Urteile“ des EuGH. Kettemann: „Der lange Atem der Kommission macht sich bezahlt“. Ob denn die stark ausgeprägte Form der Regulierung dem Wirtschaftsstandort nicht in Summe schade? Daran glaubt Kettemann nicht. „Europa gewinnt langfristig durch die Regulierung. Weil so Rechtsschutz und Rechtssicherheit garantiert wird“, meint der Jurist.