Das Wetter hat nicht mitgespielt, ins Wasser gefallen ist die Weltpremiere trotzdem nicht: Der Schweizer Konzern Liebherr und der Baukonzern Strabag haben am Montag in Gratkorn gezeigt, wo sich am Bau demnächst viel mit Wasserstoff bewegt. Und zwar nicht im kleinen Maßstab, sondern im Gegenteil, im großen, konkret einem Mega-Radlader, der im Kanzel-Steinbruch bei Pail locker zehn Tonnen Gestein bewegen kann. Der Testbetrieb im Strabag-Steinbruch liefert Liebherr wertvolle Daten. Der Schweizer Konzern sieht in Wasserstoff die Zukunftsschiene, um die großen Kaliber unter den Geräten auf CO2-neutralen Betrieb umzustellen.
Für die Premiere sind nicht nur viele verantwortliche Techniker aus dem Salzburger Liebherr-Werk Bischofshofen nach Gratkorn gereist, sondern auch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), Strabag-Chef Klemens Haselsteiner, Energie Steiermark-Vorstand Martin Graf und Jan Liebherr, Miteigentümer und Präsident des Konzern-Verwaltungsrats. „Das ist ein ganz wichtiger Schritt in die Zukunft“, sagt er im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. „Wir setzen ohne Scheuklappen auf verschiedene technische Lösungen. Das hat mein Großvater schon so gemacht, dass er Experten aus verschiedenen Bereichen zur Rate gezogen hat.“ Dass der Radlader L566 in Gratkorn voll einsatzbereit ist, freut ihn sichtlich. „Die Dinge passieren nicht am Schreibtisch“, erzählt er. Er sei deshalb sehr gerne unterwegs. Die Bühne überlässt er in Gratkorn aber den Salzburger Kollegen. Auch die Fragen zum Kühlschrank-Werk, für das sich Liebherr Kurzarbeit erhofft hatte, sollen heute außen vor bleiben.
„Wasserstoff ist eine sehr effiziente Antriebsform“, stellt Herbert Pfab klar, er ist technischer Geschäftsführer des Liebherr-Werkes in Bischofshofen, wo der L566 mit dem in der Schweiz entwickelten Motor auf die Räder gestellt wurde. Serienreif soll das Riesengerät spätestens 2030 sein. Ziel ist eine Lebensdauer von 15.000 Betriebsstunden, aktuell sind es gut 1000.
Der Motor funktioniert nicht in Kombination mit einer Brennstoffzelle, sondern mittels direkter Einspritzung. Hans Knapp, Leiter der Vorentwicklung für Antriebe bei Liebherr in Bischofshofen, sieht Wasserstoff-Hubkolbenmotoren dieser Bauart schon in Kürze auch bei Lkw auf der Überholspur. „Alle großen europäischen Konzerne haben die Technologie zur Serienreife entwickelt. Wir werden davon nächste Woche bei der Lkw-Messe in Hannover viel hören.“
„Grüner“ Wasserstoff aus Gabersdorf
„Es braucht viele kleine Beiboote für den Wandel“, sagt Strabag-Chef Klemens Haselsteiner. Die Strabag sei auf ihrem Weg zur Klimaneutralität 2040 nicht als großer Tanker zu sehen, sondern bestehe aus vielen einzelnen Einheiten. Allein ein mit Wasserstoff betriebener Radlader kann im Jahr 37.500 Liter Diesel sparen, was etwa 100 Tonnen CO2 entspricht. Elektrische Lösungen sind Liebherr zufolge für Großfahrzeuge ineffizient, die Betankung eines Radladers soll mittels eigener Wasserstofftankstelle in rund zehn Minuten passieren. Die Wasserstoffversorgung baut die Energie Steiermark im Auftrag der Strabag auf, produziert wird der „grüne“ Wasserstoff in der Pilotanlage der Energie Steiermark in Gabersdorf.
Der Bausektor verursacht weltweit hohe Emissionen, 38 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes gehen auf ihn zurück. Daran hat Zement den größten Anteil, dann folgen bereits die Baumaschinen. Lob gab es von der Ministerin: „Ich freue mich, dass innovative Firmen Pilotprojekte vorantreiben, insbesondere in der schwer zu elektrifizierenden Mobilität wie im Bausektor.“