Volkswagen bereitet sich auf eine turbulente Betriebsversammlung vor. Nach der Ankündigung vom Montag, Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht länger auszuschließen, muss sich der Vorstand am Mittwoch den Fragen der Mitarbeiter stellen. Betriebsratschefin Daniela Cavallo rechnet bei der Betriebsversammlung in Wolfsburg mit deutlichen Unmutsbekundungen. „Die Belegschaft ist aktuell natürlich sehr verunsichert“, sagte Cavallo. Und das werde sie am Mittwoch auch deutlich machen, wenn Markenchef Thomas Schäfer im Beisein von Konzernboss Oliver Blume aufs Podium trete.
Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in der Entwicklung bei VW insbesondere strukturelle Probleme, wie er am Dienstagabend im ZiB2-Interview betont. VW sei „mehr Staatsunternehmen als Privatunternehmen“, verweist er auf die 20 Prozent der Anteile, die das Land Niedersachsen am Gesamtkonzern hält. Die Belegschaftsvertretung und die Gewerkschaft würden 50 Prozent der Sitze im Aufsichtsrat halten, die Kapitalvertreter seien unterrepräsentiert.
„Große Kostennachteile“
Dudenhöffer ortet vor allem eine Krise der Kernmarke VW, so sei im Gesamtkonzern die Marke Skoda etwa hochprofitabel. Doch bei VW, wo vor allem in Deutschland produziert werde, gebe es „große Kostennachteile“, auch durch eigene Tarifverträge und teils eigenen Komponenten- und Zulieferwerken. Daher gebe es nun die Sorge, dass VW in die Verlustzone rutschen könnte. VW fehle auch ein starker Heimmarkt, das zeige sich insbesondere bei der E-Mobilität.
Hier übt Dudenhöffer scharfe Kritik an der deutschen Wirtschaftspolitik, die habe E-Autos „auf die Standspur“ verbannt, indem die einstige Umweltprämie komplett auf null gestellt worden sei, wie das ein Jahr davor bereits bei Plug-in-Hybriden der Fall gewesen sei. Die Politik habe „große Versprechen gemacht, kann sich aber jetzt nicht mehr daran erinnern“, so Dudenhöffer. Er erachte es auch als Fehler, dass die Debatte über das EU-weite Verbrenner-Aus ab 2035 in dieser Form öffentlich geführt werde. Der Experte kritisiert auch den „Unsinn“ von Zöllen, die E-Autos „künstlich teurer machen“. Durch eingestellte Umweltprämien und diese Zölle riskiere man, „dass Jobs nach China exportiert werden“.
Volkswagen hatte angekündigt, angesichts der sich zuspitzenden Lage den bisher eingeschlagenen Sparkurs bei der Kernmarke VW noch einmal zu verschärfen. Die mit dem Betriebsrat geschlossene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung bis 2029 soll nach 30 Jahren aufgekündigt werden, die Schließung ganzer Standorte in Deutschland nicht länger tabu sein. Gewerkschaft und Betriebsrat kündigen umgehend massiven Widerstand an.