Kiew hat sich widersprüchlich zu einer geplanten Beendigung des Öl- und Gastransits zum Jahresende geäußert. Die Ukraine wolle den Transit beenden, sagte der Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, zunächst im Interview mit dem Sender Nowyny.Live. Die Ukraine habe Verträge als Transitland geschlossen, die bis zum 1. Jänner 2025 gelten und die das Land nicht einseitig kündigen könne. Später relativierte er die Aussagen bezüglich des Öltransits.
Beim Öl dauern die Verträge laut Medienberichten nämlich länger, teilweise bis 2029. Der Vertrag zum Transit russischen Gases durch die Ukraine nach Europa zwischen den Staatskonzernen Gazprom und Naftogaz endet am 31. Dezember 2024. Zweifellos, mit dem 1. Jänner 2025 hört das alles auf“, sagte Podoljak daher. Trotz des vor mehr als zwei Jahren von Moskau begonnenen Angriffskriegs wurde er bisher erfüllt – auch auf Drängen der europäischen Nachbarländer der Ukraine, speziell Ungarns.
„Bestehende Verträge werden respektiert“
Die Führung in Kiew hat aber mehrfach deutlich gemacht, diesen Vertrag nicht zu verlängern - zuletzt hat dies Präsident Wolodymyr Selenskyj noch einmal betont. Podoljak erklärte, Kiew sei aber bereit, Gas aus den Ländern Zentralasiens oder Aserbaidschans nach Europa durchzuleiten. Für die Ukraine entscheidend sei, Russland die Einnahmequellen aus dem Rohstoffverkauf zu nehmen.
Podoljak bekräftigte am Nachmittag laut dem Portal „We Ukraine“, bestehende Verträge würden respektiert. Die Ukraine versuche aber, der EU dabei zu helfen, ihre Lieferungen zu diversifizieren und sich unabhängig von russischem Öl zu machen. Dieses Öl floss durch die Druschba-Pipeline zuletzt noch nach Ungarn, Tschechien und die Slowakei. Der nach Deutschland führende Nordstrang der Leitung wurde wegen der westlichen Sanktionen gegen russisches Öl weitgehend stillgelegt.
Russischen Medienberichten nach hat die kasachische Tochter des Energieversorgers Eni im August damit begonnen, Öl aus dem Kaspischen Meer durch die Pipeline zu pumpen. Dieser Kompromiss erlaubt es Russland zwar, Transiteinnahmen zu erwirtschaften, jedoch nicht sein eigenes Öl an den für das Land lukrativsten Markt Europa zu verkaufen.
„Keine Frage von Ideologie“
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto ist unterdessen zu Gesprächen über die Energieversorgung seines Landes nach Russland gereist. „Ohne russisches Gas kann Ungarns Energiesicherheit nicht garantiert werden“, schrieb Szijjarto am Freitag im Onlinenetzwerk Facebook und veröffentlichte dort ein Bild von einem Treffen mit dem Chef des russischen Energiekonzerns Gazprom, Alexej Miller, in St. Petersburg. Das sei „keine Frage von Ideologie, sondern von Physik und Mathematik“.
Ungarn ist das einzige EU-Mitgliedsland, das seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine noch enge Verbindungen nach Moskau hält. Das Land ist zudem weiterhin fast vollständig von russischem Erdgas abhängig. In der EU werden die Verbindungen von Budapest nach Moskau kritisch gesehen, das Treffen in Russland dürfte die Spannungen verstärken.
„Es gehört heutzutage in Europa etwas Mut dazu, das zu sagen, aber Ungarn ist mit der Zusammenarbeit mit Russland im Energiebereich zufrieden“, schrieb der ungarische Chefdiplomat weiter. Der größte Teil der Gaslieferungen für Ungarn kommt durch das Schwarze Meer über Bulgarien und Serbien, der Rest über eine Pipeline durch die Ukraine. Kiew kündigte jedoch bereits an, den bis Ende dieses Jahres laufenden Transitvertrag mit Russland nicht verlängern zu wollen.
Die Ukraine blockiert außerdem Lieferungen des russischen Konzerns Lukoil, der nach Angaben aus Budapest über die Druschba-Pipeline ein Drittel der ungarischen Ölimporte liefert. Ungarn bezeichnete dies als „inakzeptabel“ und erklärte, nach Alternativen suchen zu wollen.
„Sie werden einfach viel mehr bezahlen müssen“
Aus Moskau kam zuletzt scharfe Kritik an der Einstellung des Gastransits. „Eine solche Entscheidung der Ukraine wird den Interessen der europäischen Verbraucher, die weiterhin russisches Gas kaufen wollen, ernsthaft schaden“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am vergangenen Mittwoch. „Sie werden einfach viel mehr bezahlen müssen, was ihre Industrie weniger wettbewerbsfähig machen wird.“
Österreich bei Gasimporten stark von Russland abhängig
Alle EU-Staaten haben sich darauf verständigt, bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen. Im Dezember 2023 stammten 98 Prozent der Gasimporte Österreichs aus Russland, im Mai 2024 waren es noch immer 90 Prozent und im Juni waren es 83 Prozent. Das österreichische Energie- und Klimaministerium hat Anfang Juli eine Kommission eingesetzt, die den Gasliefervertrag zwischen der russischen Gazprom und dem heimischen Energiekonzern OMV prüfen soll. Dazu sollen einzelne Mitglieder auch Einblick in den Vertrag bekommen, dessen Inhalt bisher nur die OMV selbst kannte.