Die Zahlen der Wirtschaftskammer belegen: Immer mehr Frauen machen sich selbstständig. Der Frauenanteil bei Betriebsgründungen liegt in Österreich mittlerweile bei etwa 50 Prozent, an der gesamten Unternehmerschaft haben Frauen einen Anteil von 47 Prozent. Die Zahlen belegen auch, wie Sabine Jungwirth von der Grünen Wirtschaft sagt, dass Gründerinnen immer jünger werden.

Die logische Konsequenz daraus: Das Thema Elternschaft gewinnt für Selbstständige an Bedeutung, für Unternehmerinnen spießt es sich dabei zunächst einmal beim Thema Wochengeld und den sogenannten Betriebshilfen, erklärt Jungwirth, warum sich ihre Fraktion gerade verstärkt des Themas annimmt. Während Wochengeld bezogen wird, also für 16 Wochen, muss das Gewerbe nämlich ruhend gestellt werden, und die zweite Option, eine geförderte Betriebshilfe als Ersatzarbeitskraft in Anspruch zu nehmen, scheitert in der Praxis oft an der Tatsache, dass etwa eine Grafikerin, Masseurin oder Unternehmensberaterin faktisch selbst ihr Unternehmen ist, kurzfristig nicht ersetzbar - hinzu kommt der Fachkräftemangel in vielen Bereichen.

Katy Bayer ist selbstständige Grafikerin in Vorarlberg
Katy Bayer ist selbstständige Grafikerin in Vorarlberg © Broell.cc

Die 35jährige Kärntnerin Sophie Meierhofer ist ein Beispiel dafür, warum es auch im Handel nicht einfach ist, den eigenen Laden in den Wochen vor und nach der Geburt eines Kindes mittels Betriebshilfe am Laufen zu halten. Vor etwa zwei Jahren hat sie in Klagenfurt mit der „Kleinen Freiheit“ eine Plattform für Nachhaltigkeit gegründet, die unter anderem aus einem Unverpacktladen besteht. Die studierte Juristin, die davor fünf Jahre in der Anwaltei gearbeitet hat und jetzt in der 24 Woche schwanger ist, dachte sich, dass sie Richtlinien und Gesetze ganz gut lesen kann, als sie sich über Möglichkeiten informierte, eine Betriebshilfe in Anspruch zu nehmen.

Im gesamten Infomaterial, dass sie dazu in die Hände bekam, sei aber nicht gestanden, dass nur „betriebsfremde“ Personen als Betriebshilfe angemeldet werden können, wie sie sagt. „Meine Teilzeit-Mitarbeiterin würde für diese Zeit, es geht ja nur um lächerliche drei Monate, gern aufstocken, darf aber nicht als Betriebshilfe arbeiten, weil sie ja bereits bei mir angestellt ist“, erzählt Meierhofer, wie sich ihr Plan, Geburt und Unternehmertum unter einen Hut zu bekommen, sozusagen in Luft aufgelöst hat. Eine Person, die sie nicht kennt und die im Falle ihres speziellen Laden-Konzepts erst eingeschult werden müsste (wofür eine geringfügige Anstellung nötig wäre) für drei Monate Vollzeit einzustellen, „damit ich sie danach wieder entlassen kann“, ist keine Option für sie.

Ausnahme als Lösung

Eine Lösung des Problems könnte freilich eine Ausnahmegenehmigung sein, wie sie über die Betriebshilfevereine der jeweiligen Landes-Wirtschaftskammern möglich ist. Roswitha Zisser von der „Betriebshilfe Kärnten“ sagt: „Wir sind immer bemüht, eine Lösung zu finden, wir müssen der Sozialversicherung der Selbstständigen gegenüber nur ausreichend begründen, warum eine Ausnahme nötig ist.“ Der Hintergrund: Prinzipiell ist es nicht im Sinne der Sache, Mitarbeiter, die langjährig im Betrieb sind, zu kündigen, um sie dann als Betriebshilfe einzustellen. „Das ist arbeitsrechtlich schließlich mit einigen Nachteilen verbunden“, spricht Zisser etwa Kündigungsfristen an, die sich mit einer Neuanmeldung ändern. De facto hatte man im Vorjahr in Kärnten nur einen Fall von Mutterschutz bei Unternehmerinnen und heuer bisher auch nur einen – jeweils in der Gastronomie. Unternehmerinnen wählen laut Zisser im Falle einer Schwangerschaft fast ausschließlich den Wochengeldbezug und stellen ihr Gewerbe vorübergehend ruhend – „weil das für sie die attraktivere Variante ist.“

2012 ähnliche Erfahrungen

Gar keine andere Chance, als ihr Gewerbe während der Schwangerschaft ruhend zu stellen, hatte Katy Bayer, die sich gerade erst mit ihrem Grafikbüro „Grünkariert“ in Vorarlberg selbstständig gemacht hatte, als sie 2012 erfuhr, dass sie mit ihrer Tochter schwanger war. Meierhofers Bericht erinnert sie stark an die eigene Situation damals: „Das Wochengeld war noch relativ neu und ich dachte mir recht naiv, wie ich heute weiß, dass das alles schon irgendwie gehen wird – um dann die gleiche Erfahrung zu machen wie Sophie heute noch: Es gab keine ausreichende Information.“

Was Sophie Meierhofer und Katy Bayer jenen sagen, die an dieser Stelle argumentieren, dass die Situation von Selbstständigen doch eine ganz andere ist und hier jeder selbst für sich verantwortlich ist? „Es kann doch nicht sein, dass sich Frauen als Unternehmerinnen Kinder nicht leisten können. Es darf hier kein Entweder-oder geben.“ Die Statistik zeigt freilich ein anderes Bild, wie Jungwirth sagt: „Bei unselbstständig erwerbstätige Frauen ist die Geburtenzahl zweieinhalbmal höher als bei Selbstständigen.“