Das Ziel, das über jener Initiative thront, die wir Ihnen hier näher bringen wollen, ist klar: Es ist eine Wirtschaft, die ohne fossile Brennstoffe auskommt. Also ohne Öl und Gas und damit in weiterer Folge auch ohne klimaschädliche Emissionen.
Der Weg zum Ziel ist indes komplex. Er fußt auf unterschiedlichen Technologien und Herangehensweisen. Eine dieser nachhaltigen Lösungen, auf die vor allem in der Industrie viel Hoffnung gesetzt wird, ist Wasserstoff. Und zwar nicht jene Form („Grauer Wasserstoff“), die schon heute oftmals verwendet wird und meist aus Erdgas hergestellt wird. Künftig soll sich alles um „Grünen Wasserstoff“ drehen. Wasserstoff aus Wasser gewonnen. Per Elektrolyse-Verfahren, bei dem – naturgemäß – nachhaltig erzeugter Strom eingesetzt wird.
Mehr als 10.000 Tonnen grüner Wasserstoff
Um Erzeugung, Transport, Speicherung und Anwendung von grünem Wasserstoff dreht sich wiederum ein großes gemeinsames Projekt in der Steiermark, Kärnten und Oberösterreich. Auf europäischer Bühne konnte man als eines der sogenannten „Hydrogen Valley“ jetzt einen Erfolg landen. Die Initiative, mit betont starker Anbindung an die lokale Industrie, setzte sich bei einer Ausschreibung der EU durch. Die Folge: Zwischen 2025 und 2030 sollen in den drei Bundesländern 17 Wasserstoffprojekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 578 Millionen Euro umgesetzt werden.
20 Millionen Euro EU-Startförderung
Mit neuen Elektrolyseanlagen sollen mehr als 10.000 Tonnen grüner Wasserstoff erzeugt werden. Die Europäische Union tritt als Fördergeberin auf. Neben einer ausgewiesenen Startförderung in Höhe von 20 Millionen Euro rechnet man in der Steiermark und Kärnten in Summe mit EU-Unterstützung, die deutlich mehr als 100 Millionen Euro ausmachen könnte. Von den in Summe 17 Projekten werden je sechs in der Steiermark und in Oberösterreich und fünf in Kärnten umgesetzt, laufen sollen die geplanten Anlagen ab 2028.
„Internationale Sichtbarkeit“
Von einem „großen Erfolg“ spricht die steirische Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl – vor allem mit Blick auf die vielen energieintensiven Betriebe, die es im Bundesland gibt und wo Dekarbonisierung besonders schwierig ist. Teil der neuen Fokusregion zu sein, würde nicht nur explizite Fördermittel bringen, sondern auch „internationale und europäische Sichtbarkeit“ erhöhen. Zugleich müsse ein Ziel des „Wasserstoff-Valleys“ sein, die Kosten für Herstellung oder Transport zu senken, sagt Bernhard Puttinger, Chef des Clusters Green Tech Valley. Puttinger: „Es braucht schlauere Systeme.“
„Grundgerüst an Infrastruktur“
Die Bewerbung habe sich als Bestgereihte gegen mehr als ein Dutzend Mitbewerber durchgesetzt, betont Kärntens Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig. Die Zusammenarbeit von drei Bundesländern sei in diesem Umfeld ein Novum. Entstehen soll das einzige Wasserstoff-Valley Europas mit Fokus auf Industrieanwendungen wie grünen Stahl, Chemie, Zement und Kalk. Drei Bundesländer, die als Industriestandorte ähnliche Herausforderungen haben, wollen zeigen, wie man in zentraler Binnenland-Lage mit smarten Systemen auch ohne Offshore-Wind grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig bereitstellen und nutzen kann. Franz Winkler von der Grazer Forschungseinrichtung HyCentA, die das Projekt mitinitiierten, beschreibt das Projektziel Ende 2030 so: „Ein Grundgerüst an funktionierender Wasserstoff-Infrastruktur für Energie, Verkehr und Industrie.“
Vervierzigfachung der steirischen Erzeugung
Unternehmerisch ist die Steiermark längst mit dem Thema Wasserstoff vertraut. So errichtet etwa die Andritz AG eine 100-Megawatt-Elektrolyseanlage für den Salgitter-Konzern – ab 2026 soll grüner Wasserstoff von dort für die Stahlerzeugung eingesetzt werden. Mobilitätsprofi AVL beschäftigt 650 Mitarbeiter im Bereich Wasserstoff und Start-ups wie H2i GreenHydrogen entwickeln hochleistungsfähige Elektrolysemodule.
Im nun ausgerufenen „Hydrogen Valley“ wird das Tempo noch einmal angezogen. So sollen die sechs Projekte Investitionen von 130 Millionen Euro auslösen. Am Ende wird das zu einer „Vervierzigfachung“ (Bernhard Puttinger) der Erzeugungskapazität von grünem Wasserstoff in der Steiermark führen.
Gabersdorf wird ausgebaut
Welche sechs Projekte in Planung sind? In Leoben-Donawitz (CSH2H Donawitz) sollen 3000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr vor Ort produziert werden. Ein Teil wird direkt für die Stahlproduktion der Voest verwendet. In Weiz (FossilFree4Industry) wird an der vollständig erneuerbaren Energieversorgung einer gesamten Region getüftelt. Geplant ist ein 8-Megawatt-Elektrolyseur zur Wasserstoffherstellung.
Das Pionierprojekt der Energie Steiermark in Gabersdorf (Renewable Gasfield 2.0) wird ausgebaut, in Mellach will der Verbund 760 Tonnen Wasserstoff erzeugen. Das Kompetenzzentrum HyCentA und InterCal Austria versuchen sich an der Wasserstoff-basierten Erzeugung von Branntkalk (Green Lime) und in Zeltweg will ABL (B2H2) aus Biomasse ein wasserstoffreiches Holzrohgas herstellen
Verzwanzigfachung in Kärnten
Derzeit plant in Kärnten einzig Infineon grünen Wasserstoff zu produzieren, der Testbetrieb startet in den nächsten Wochen. Werden alle „Hydrogen-Valley“-Projekte zur Erzeugung grünen Wasserstoffs bis 2030 umgesetzt, verzwanzigfacht sich die Produktion im Vergleich dazu.
Fünf der 17 „Hydrogen-Valley“-Projekte kommen aus Kärnten, eines davon ist der regionale Energiekreislauf Lieser-Maltatal. Martin Bacher (Bacher-Reisen) ist einer der Projektinitiatoren. Im Zuge des geplanten Baus eines Kleinwasserkraftwerks an der Lieser entsteht eine Elektrolyse, betrieben mit überschüssigem Strom. Der dort erzeugte grüne Wasserstoff soll zum Antrieb von Lkw, Pistengeräten auf dem Katschberg und des Linienverkehrs im Lieser-Maltatal genutzt werden.
Verteilung an Industrie in der Region
Alpacem untersucht den Einsatz von Wasserstoff bei der Zementherstellung. Bemerkenswert eine Industrie-Kooperation in Mittelkärnten: Eine 5-MW-Elektrolyseanlage für eine Jahresproduktion von 750 Tonnen Wasserstoff wird auf dem Gelände der Donauchemie errichtet. Der Wasserstoff wird per Trailer an die Industrie in der Region verteilt, wobei die Treibacher Industrie plant, größere Mengen abzunehmen. „Wasserstoff ist für Treibacher besonders relevant in der Produktion von Vanadiumoxid“, sagt Vorstand René Haberl. Auch der Flughafen Klagenfurt ist an Bord: Ein Teil der Flächen könnte zur Erzeugung genutzt werden, mittelfristig könnten etwa neue Passagierbusse mit Wasserstoff betrieben werden, erklärt Geschäftsführer Maximilian Wildt.