1. Strom und Gas sind weiter teurer als vor der Krise. Was konkret untersucht die Taskforce?
ANTWORT: Die „Taskforce Strom und Gas“ der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und der E-Control untersucht den heimischen Strom- und Gasmarkt. Am Dienstag legte sie ihren zweiten Zwischenbericht vor. Der Anlass: Zu Jahresbeginn 2023 mehrten sich Beschwerden wegen extrem hoher Preise – teils mehr als 61 Cent für Strom und über 25 Cent für eine Kilowattstunde (kWH) Gas. Preise, die „kaum oder schlicht nicht nachvollziehbar sind“, so E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch nach Prüfung der Einkaufsstrategien. Solche Extremfälle liegen um 300 Prozent über den aktuell teuersten, teilweise sogar fast 1000 Prozent über den billigsten Tarifen.
2. Welche sind die wichtigsten Erkenntnisse?
ANTWORT: Die Marktkonzentration am Erdgasmarkt ist so hoch, dass man „von quasi monopolartigen Größenordnungen sprechen“, sagt BWB-Chefin Natalie Harsdorf. Die dominante Marktstellung einzelner Anbieter und damit verbundenen höheren Strom- und Gaspreise seien aber auch in der geringen Bereitschaft der Energiekunden, ihre Anbieter zu wechseln, begründet, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Die Nachwirkungen der Energiekrise 2022 seien nach wie vor zu spüren.
3. Trifft der Vorwurf der Bereicherung durch Übergewinne zu?
ANTWORT: Das geht aus dem Bericht nicht direkt hervor. Klar ist: Hohe Marktkonzentration, geringe Transparenz und enden wollende Wechselbereitschaft sind die Gemengelage, aus der höhere Preise für Endkunden entstehen. Allesamt Wettbewerbshindernisse. Bemerkenswert ist, dass die meisten Konzerngesellschaften Strom aus eigenen Wasserkraftwerken zu Marktpreisen an den Vertrieb weitergeben und nur ein Unternehmen bei der Befragung angab, dass „im Ausnahmefall“ Teile der Eigenproduktion zu Erzeugungskosten übertragen werden – nur das wirkt kostendämpfend.
4. Funktioniert der Wettbewerb am Strom- und Gasmarkt?
ANTWORT: Bei Erdgas hätten die Landesenergieversorger und größten Stadtwerke in ihren Netzen eine ähnlich starke Marktstellung wie bei Strom, die Marktkonzentration ist enorm. Das liegt auch an den Energiekunden, von denen die meisten gar nicht wissen, wie viel sie für Strom und Gas bezahlen – das betrifft 84 Prozent der Gaskunden und 68 Prozent der Stromkunden. Ohne dieses Wissen könne aber keine Entscheidung über einen Lieferantenwechsel getroffen werden, mehr als die Hälfte der Kunden wechselte daher auch noch nie den Energielieferanten. Diese Trägheit ermögliche es den lokalen Anbietern, höhere Preise durchzusetzen.
5. Verhalten sich die Energieversorger kundenfreundlich?
ANTWORT: Mitunter nicht. Die Indexanpassungsklauseln in Energielieferverträgen seien oft intransparent und inkonsistent. Urbantschitsch empfiehlt für mehr Transparenz eine monatliche Energiekostenrechnung. Problematisch ist auch, dass viele Landesenergieversorger ihre Produkte nicht mehr österreichweit anbieten, Ausnahmen sind etwa die Energie Steiermark und die Kelag. Im Juni waren im Tarifkalkulator 84 Neukundenprodukte für Strombezieher im Österreich-Schnitt gelistet, drei Jahre zuvor waren es noch 145.
6. Was bringt der Stromkostenzuschuss?
ANTWORT: Für den Stromverbrauch unter 2900 kWh pro Jahr greift die Strompreisbremse. Ursprünglich bis zu einem Arbeitspreis von 40 Cent/kWh, seit Kurzem nur mehr 25 Cent/kWh. Verbraucher zahlen weiterhin zehn Cent selbst. Große Kundengruppen zahlten im Jänner 2024 Preise, die deutlich über einem wettbewerbsfähigen Niveau liegen. Während die Großhandelspreise seit eineinhalb Jahren sinken, verläuft die Preisentwicklung für Endkunden in „sehr unterschiedlichem“ Tempo. Außerdem gebe es ein West-Ost-Gefälle der Preise.
7. Welche Konsequenzen ziehen die Behörden aus dem Zwischenbericht?
ANTWORT: Es gibt eine Reihe von Empfehlungen: Die gesetzlichen Grundlagen zur Durchsetzung des Wettbewerbs müssten verbessert werden, es braucht Gesetze zur Belebung des Wettbewerbs, mehr Markttransparenz, Verbraucherrechte und eine Datenbasis für Unterstützungen. Die Energielieferverträge müssten vergleichbar und transparent gestaltet sein. Kritik äußerte Urbantschitsch an den Kreuzbeteiligungen der Energieunternehmen untereinander, das sei dem Wettbewerb nicht förderlich.
8. Was wird nun weiter untersucht?
ANTWORT: Der Abschlussbericht soll im ersten Halbjahr 2025 folgen. Neu gestartet wurde eine Branchenuntersuchung für Fernwärme in Österreich durch die BWB. Mehr als eine Million Haushalte wird mit Fernwärme versorgt, das ist jeder dritte Haushalt. Oft haben Kunden aber gar keine Alternative, die Zahl der Beschwerden von Konsumenten nimmt zu.