Im österreichischen Zivilgesetzbuch (ABGB) wurde heuer in Paragraf 1319b eine neue Bestimmung zur Baumhaftung eingefügt. „Danach haftet der Halter eines Baumes – das ist typischerweise der Eigentümer oder Pächter der betreffenden Liegenschaft – für Sach- oder Personenschäden aufgrund des Umstürzens eines Baumes oder des Herabfallens eines Astes, wenn er diesen Schaden durch Vernachlässigung der erforderlichen Sorgfalt bei der Prüfung und Sicherung des Baumes verursacht hat“, erklärt der Kärntner Jurist Markus Weichbold, der unter anderem als Berater für das Versicherungsmaklerbüro CMS-Contracta tätig ist.
Haftung wie für Bauwerke
Wie es zu dieser Gesetzesänderung kam? Bisher war, wie Weichbold sagt, im ABGB keine eigene Bestimmung zur Baumhaftung normiert. Die Gerichte wendeten daher in solchen Fällen die in Paragraf 1319 ABGB vorgesehene Bauwerkehaftung analog, also sinngemäß, an. „Dies wurde von einigen als ungerechtfertigt hart angesehen, zudem bestand immer wieder die Sorge, dass auch gesunde Bäume aus Angst vor einer möglichen Haftung vom Eigentümer gefällt werden könnten.“
Beweispflicht für Geschädigten
Was hat sich nun durch die Einführung eines eigenen Baumhaftungstatbestandes geändert? Erstens enthält das Gesetz nun einen Katalog konkreter Kriterien für die Beurteilung der vom Baumhalter bei der Prüfung und Sicherung des Baumes einzuhaltenden Sorgfaltspflichten. Weichbold: „Dies sind etwa der Standort des Baumes, dessen Alter und Zustand.“ Bei der Beurteilung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen wird nun auch das Interesse an einem naturbelassenen Zustand der Bäume berücksichtigt. Aus Sicht des Naturschutzes besonders wertvolle Bäume sollen soweit wie möglich erhalten bleiben.
Zweitens sieht das Gesetz nun zugunsten der Baumhalter eine Verbesserung der Beweislage vor: „Während vor Inkrafttreten des Gesetzes der jeweilige Baumhalter beweisen musste, dass er die notwendigen Sorgfaltsmaßnahmen zur Verhinderung von Schäden getroffen hatte, muss nun umgekehrt im Rahmen des neuen Paragrafen 1319b ABGB der Geschädigte einen Sorgfaltsverstoß des Baumhalters beweisen.“
Gebäudeversicherung
In puncto Versicherung sollte sich, so der Jurist, durch die Reform für Versicherungsnehmer wenig geändert haben. In der Praxis enthalten die meisten Gebäudeversicherungen nämlich eine Haftpflichtversicherung, die auch die Haftung des Eigentümers für Schäden durch Bäume, die sich auf seiner Liegenschaft befinden, abdeckt. Weichbold: „Für jene Liegenschaften, auf denen kein Gebäude steht, werden am Versicherungsmarkt sogenannte Grundbesitzerhaftpflichtversicherungen angeboten, die dieses Haftungsrisiko des Eigentümers absichern. „Durch die Reform der Baumhaftung sollte sich an der Deckung dieser Versicherungen nichts geändert haben, natürlich empfiehlt sich aus Anlass der Gesetzesänderung und der medialen Diskussion um die Baumhaftung für viele Kunden dennoch eine Überprüfung der bestehenden Versicherungen.“
Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt: In der Eigenheimversicherung ist eine so genannte Sturmschadenversicherung inkludiert, die bei Schäden am eigenen Haus zahlt, wenn etwa ein Baum durch ein heftiges Unwetter umfällt und das Dach beschädigt. Von einem Sturm spricht man allerdings erst ab einer Windgeschwindigkeit von 60 km/h.