Noch ist das Verbot für die CO₂-Speicherung in Österreich lange nicht aufgehoben, aber dass mit dem auf den Weg geschickten Klimaplan die Zulassung von Carbon Capture Storage (CCS) empfohlen wird, lässt einige Industrien in Österreich aufatmen. Wer CO₂ technologisch nicht vermeiden kann, soll mittelfristig die Möglichkeit bekommen, es unter der Erde zu verpressen. „Für uns ist das ein Meilenstein,“ sagt Holcim-Österreich-Chef Berthold Kren. Das sei ein entscheidender Schritt, um mittelfristig eine Milliardeninvestition im größten Werk in Mannersdorf bei Bruck an der Leitha anzugehen.
200 ausgeförderte oder teilweise ausgeförderte Öl- und Gasfelder gibt es in Österreich, teilweise werden sie seit Jahren für die Speicherung von Erdgas verwendet, heißt es im jüngst veröffentlichten Evaluierungsbericht der Bundesregierung zu CCS. Dazu kommen noch 30 ehemalige Salinen. Ob und wie diese geologischen Formationen tatsächlich genützt werden können, ist zwar noch völlig offen. „Dafür wird es einen guten Rahmen brauchen,“ sagt Holcim-Österreich-Chef Berthold Kren. Wenn man in zehn Jahren Lösungen brauche, müssten sie aber unbedingt jetzt auf den Weg gebracht werden.
CO₂ kann technisch abgeschieden und verflüssigt werden
Das Interesse seitens der Industrie dürfte groß sein – und zwar nicht nur an CCS. So gelten die natürlichen Speicher auch als potenzielle „Sonnenfänger“, in denen aus Grünstrom erzeugter Wasserstoff eingelagert werden kann, um ihn im Winter wie Erdgas abzurufen. Die RAG ist hier Österreichs Pionier. Auch der OMV kommt dürfte eine größere Rolle zukommen, sie sitzt sozusagen an der Quelle vieler Öl- und Gasfelder, wobei diese immer im Eigentum der Republik stehen. Die OMV lernt gerade mit Partnerunternehmen in Norwegen, wie CO₂-Verpressen unter der Nordsee geht. Die Norweger stellen ihr Geschäftsmodell offenbar so auf: Im ersten Schritt Verdienen am fossilen Brennstoff, im zweiten Schritt Verdienen am Wegbringen des CO₂.
Fachleuten zufolge ist für die meisten CO₂-Verursacher die Vermeidung des klimaschädlichen Gases viel billiger und sinnvoller als CCS. Der weltgrößte Zementhersteller Holcim hält CCS oder CCU (Carbon Capture and Utilisation), bei dem CO₂ rückverwandelt wird in Kohlenstoffverbindungen, allerdings für den Schlüssel, um den Erdball nicht mit gigantischen CO₂-Mengen weiter aufzuheizen. Die Branche ist weltweit einer der größten CO₂-Verursacher, weil beim Kalkbrennen, durch das die bindenden Eigenschaften von Zement entstehen, CO₂ entweicht. Inzwischen kann das CO₂ technisch abgeschieden und dann verflüssigt werden. Für das Holcim-Werk in Mannersdorf gibt es Pläne des Schweizer Konzerns, eine 450 Millionen Euro teure CO₂-Abscheidung zu bauen, sagt Kren. Logisch gehöre in einem nächsten Schritt die CO₂-Speicherung dazu, die sicher noch einmal so viel koste.
„Jetzt entsprechende Spielregeln schaffen“
Man wolle gar kein CO₂-Endlager betreiben, sondern das Kohlendioxid wieder nutzen. Kren: „Österreich als Binnenland ist mit seinen begrenzten Speichermöglichkeiten darauf angewiesen, dass CCU irgendwann einmal kommt. Ob für E-Fuels, chemische Grundstoffe oder Kunststoffe.“ Das hätte Holcim auch längst gerne in einem Projekt mit der OMV und dem Verbund vorgeführt, dass das funktioniert. Es kam nicht zustande, weil Rahmen und Finanzierung fehlten.
Jetzt ist Kren zuversichtlich: „Wir wissen, dass wir den Kohlenstoff in Zukunft im Kreislauf führen müssen.“ Dafür müssten jetzt ganz neue Grundlagen und entsprechende Spielregeln geschaffen werden. Für die Industrie sei die Regierungsempfehlung, CCS zuzulassen, jedenfalls ein sehr gutes Signal, planen zu können. CCS sei durch das Verbot zum Tabu in Österreich geworden, viele gute Unternehmen mit Expertise hätten deshalb bisher einfach nur geschwiegen.