Die Immobilien- und Baukrise setzte dem Baustoffgiganten Wienerberger heftig zu: Fast eine viertel Milliarde Gewinn – konkret 223,5 Millionen Euro – erzielte Wienerberger im ersten Halbjahr 2023 (Ergebnis nach Steuern). Im ersten Halbjahr 2024 ist dieser auf 0,5 Millionen Euro geschmolzen. Der Umsatz blieb stabil bei rund 2,2 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Gewinn und Steuern (EBITDA) sank von 448 auf 340,5 Millionen Euro. Wienerberger erklärt in einer Aussendung, die Halbjahresperformance sei „solide vor dem Hintergrund globaler politischer Unsicherheiten, die aufgrund der in mehreren wichtigen Ländern 2024 anstehenden Wahlen die Investitionsneigung bremsen.“
„Buchhalterischer Natur“
Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung erklärt Wienerberger-Vorstandsvorsitzender Heimo Scheuch, man liege beim Ergebnis „voll in den Erwartungen“, dieses sei angesichts des Umfelds „stark“. Einmal- und Sondereffekte hätten sich mit 150 Millionen Euro gewinnmindernd zu Buche geschlagen und seien „buchhalterischer Natur“. Heute sei der Konzern viel breiter und solider aufgestellt, „hätte man die Wienerberger so belassen wie vor 15 Jahren, wäre es wohl eine Katastrophe gewesen“.
Laut Halbjahresbericht drücken einmalige Sonderabschreibungen im Zusammenhang mit den vorgenommenen Restrukturierungen in Höhe von fast 50 Millionen Euro das Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern. Das Finanzergebnis veränderte sich von minus 28,3 Millionen Euro im Vorjahr auf minus 88,2 Millionen Euro, was auf gestiegene Finanzierungskosten sowie auf die „Entkonsolidierung“ der Russland-Aktivitäten und „der damit verbundenen Reklassifizierung von nicht-zahlungswirksamen Währungseffekten“ zurückzuführen sei.
Massives Sparprogramm
Angesichts des herausfordernden Umfelds fährt der Konzern ein massives Sparprogramm – Kapazitäten werden, wo nötig, gekürzt, Anlagen stillgelegt. So sei es etwa im deutschen Dachbereich zu Einschnitten gekommen, in geringerem Ausmaß auch in Frankreich. Das Unternehmen setzt laut Eigenangaben „weiterhin auf effektives Kostenmanagement“.
Heuer seien bereits kleinere Assets – etwa in Nordamerika und in Großbritannien – verkauft worden. Auch das Russland-Geschäft sei veräußert worden, so Finanzvorstand Gerhard Hanke.
Warten auf Aufwärtstrend
Scheuch erklärt den Gewinneinbruch mit einem schwierigen Jahr, vor allem im Neubausegment. In Deutschland und Frankreich seien die Märkte regelrecht eingebrochen. Der zu Jahresanfang erhoffte Aufwärtstrend am Wohnungsneubausektor sei vor allem in Zentraleuropa, etwa Österreich und Deutschland, bis dato nicht eingetreten. Das von der österreichischen Bundesregierung im Frühjahr vorgelegte Wohnbaupaket spüre man heuer „ganz klar nicht“, so Scheuch. Ob dieses im kommenden Jahr Impulse am Bau liefern werde, sei offen.
Scheuch kritisiert scharf, dass sich die politischen Entscheidungsträger in Österreich zu wenig oder gar nicht mit dem fehlenden Wohnbau beschäftigen würden, auch im anlaufenden Wahlkampf sei die Schaffung von Wohnraum kein nennenswertes Thema, das sei ein grober Fehler. „Junge Menschen verarmen, können sich den Wohlstand ihrer Eltern nicht mehr aufbauen. Das ist ein gesellschaftliches Thema“, kritisiert Scheuch. „Wir müssen uns mit dem Thema Schaffung von leistbarem Wohnraum als Gesellschaft auseinandersetzen.“ Das habe mit voranschreitender Bodenversiegelung nichts zu tun, meint der Wienerberger-Chef, denn für das Zubetonieren und Asphaltieren sei nicht der Wohnbau verantwortlich.
„Durchschreiten Talsohle“
Scheuch erwartet, dass der für Wienerberger so wichtige Wohnbau im zweiten Halbjahr in Märkten wie Deutschland, Österreich, Frankreich und Belgien die Talsohle durchschreiten werde, man befinde sich am Tiefpunkt. Das habe mit den politischen Instabilitäten vor nationalen Wahlen zu tun: „Niemand will mehr etwas angreifen, jeder Politiker hat Angst, etwas zu tun“, so Scheuch.
Auch in den USA, einem wichtigen Wachstumsmarkt für Wienerberger, befinde sich der Wohnbau in einer Phase der Stagnation, die Zinsen für Hypothekardarlehen seien dort mit sieben bis acht Prozent sehr hoch. Scheuch erwartet sinkende Zinsen und einen Anstieg der Nachfrage. Bezüglich der Präsidentschaftswahl im November in den USA hat Scheuch keine Priorität, „ich bin nur für eine Partei, und die heißt Wienerberger“.
Erfolgreiche Übernahme
Für das gesamte Jahr rechnet der Wienerberger-CEO mit einem Betriebsergebnis von 800 bis 820 Millionen Euro, der Umsatz werde bei rund 4,5 bis 4,6 Milliarden Euro liegen. Man sehe sich für die erhoffte Markterholung gut gerüstet, auch dank des „Selbsthilfeprogramms“, das auf Ertragswachstum und Effizienzsteigerung ausgerichtet sei. Mit der größten Übernahme der Konzerngeschichte, jener von Terreal, einem bedeutenden Anbieter von Produkten für die Dachreparatur und -sanierung, ist er sehr zufrieden. „Kleinere“ Übernahmen würden folgen.