Seit Monaten warnen Vertreter großer Unternehmen, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung, dass die hohen Lohnabschlüsse in den Kollektivvertragsverhandlungen Österreich als Wirtschaftsstandort ins Hintertreffen bringen werden. Immer mehr Unternehmen ringen um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit. Zuletzt hat sogar Infineon angekündigt, in den kommenden zwei Jahren 380 der rund 6000 Jobs in Österreich abzubauen. Ein Grund für die Gewerkschaft an ihrem Pochen auf die Abgeltung der rollierenden Inflation zu zweifeln? „Nein“, betont Barbara Teiber. Die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA ist überzeugt: „Hätten wir niedrigere Abschlüsse akzeptiert, hätte die Gewerkschaft ihren Job nicht richtig gemacht.“ Ein „Lohndumping“ sei keine Lösung, außerdem schwächle die internationale Wirtschaft und nicht nur jene in Österreich.

Unternehmen und Politik dürften sich jetzt nicht „an der Gewerkschaft abputzen“. Denn diese habe lediglich dafür gekämpft, dass die Menschen ihre Kaufkraft nicht verlieren, was vor allem für Angestellte im Handel wichtig sei, die mit einem Vollzeitjob auf gerade einmal 2500 Euro brutto pro Monat kommen. Mit einem Vollzeitjob müsse man „über die Runden kommen können“. Die hohen Löhne seien außerdem nicht alleine an der aktuellen Situation Schuld, sondern auch hohe Energiekosten und Mieten. Verantwortlich macht Teiber dafür das „Versagen der Politik“, denn die aktuelle ÖVP-Grüne-Bundesregierung habe nicht wie in anderen Ländern in die Preise eingegriffen. Ob das ein Allheilmittel ist, wird von einigen Ökonomen indes bezweifelt. Denn Länder, in denen es Preiseingriffe gab, wie etwa Spanien, verzeichneten bei Rücknahme einzelner Maßnahmen nun wieder Teuerungsanstiege.

Ausbildung und Wirtschaftsförderung

„Wir brauchen klar einen Fokus auf eine gescheite Industrie- und Standortpolitik und müssen in Infrastruktur wie Netze und Verkehr investieren“, sagt Teiber, die weit oben auf der SPÖ-Liste für die Nationalratswahl steht. Für nachhaltige Infrastrukturinvestitionen, wirtschaftsfördernde Maßnahmen und gute Ausbildung werde sie sich als künftige Nationalrätin einsetzen, verspricht sie. Obwohl sie einräumt, dass das Budgetdefizit für die neue Bundesregierung eine Herausforderung sein werde und man sparen werde müssen.

Mit allen Mitteln Arbeitslosigkeit verhindern

Bei den Pensionen will sie zumindest auf keinen Fall den Sparstift ansetzen. Entgegen vieler Experteneinschätzungen ist sie – wohl auch dem Wahlkampf geschuldet – überzeugt: „Unser Pensionssystem funktioniert. Das darf man auf keinen Fall ruinieren. Es gibt keine Dramatik.“ Denn in den Jahren 2000 bis 2021 sei das faktische Pensionsantrittsalter stärker als die Pensionsantritte gestiegen. Allerdings sei mit allen Mitteln Arbeitslosigkeit zu verhindern und die Teilzeitquote zu reduzieren.

Mehr vollzeittaugliche Kinderbetreuung

Dafür brauche es mehr vollzeittaugliche Kinderbetreuung mit kleinen Gruppen. Einer Großeltern-Karenz, wie sie Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ins „Wahlkampf“-Spiel gebracht hat, erteilt sie eine klare Absage. In Kärnten sei man bei der Kinderbetreuung schon gut unterwegs betont GPA Kärnten-Geschäftsführerin Jutta Brandhuber. Vor allem die neuen Gehaltssysteme für Elementarpädagoginnen, die zu Gehaltszuwächsen von bis zu 30 Prozent geführt hätten, würden sich bezahlt machen.

„Teilzeit-Bashing“ muss aufhören

Das „Teilzeit-Bashing“, das Nehammer und Wirtschaftsvertreter betreiben, müsse aufhören, betont Teiber. Denn gerade im Handel hätten Frauen oft gar keine Wahl. „Sogar Filialleiter-Stellvertreter werden nur als Teilzeitstelle ausgeschrieben“, kritisiert die Gewerkschafterin. Der Handel wolle Teilzeitkräfte, um diese flexibel und oft mit Mehrarbeit einzusetzen. Mit ihrem Vorstoß, dass Handelsangestellte, die über drei Monate mehr Arbeit leisten, einen Anspruch auf Vollzeit erwerben, sei sie aber bei Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) abgeblitzt.