Billa macht es bereits in jeder zweiten Filiale, Mediamarkt hat sich von Preisschildern aus Papier auf den Regalen ebenfalls schon verabschiedet – jetzt beginnt auch Spar, die Produktpreise in den Märkten digital auszuschildern. Die Vorteile: weniger Arbeit fürs Personal und reduzierter Papierverbrauch.
Die Möglichkeit, Preise per Tastendruck zu ändern, öffnet freilich der dynamischen Preisgestaltung, die im Onlinehandel längst schon üblich ist, auch im örtlichen Supermarkt Tür und Tor. Konsumentenschützer befürchten, dass dieses Prinzip auch im Lebensmittelhandel den Preisvergleich beim Einkauf erschweren wird. Derzeit betont man bei Spar allerdings, „Dynamic Pricing“ schon aus Konkurrenzgründen auszuschließen.
Grundsätzlich ist die Preisanpassung in Echtzeit auf Faktoren wie Nachfrage oder Wettbewerb weder verboten noch neu. Fluglinien oder Hotellerie machen es, um nur zwei Beispiele zu nennen, schon lange vor: Bei guter Auslastung steigen die Preise, bei schlechter sinken sie. „Nur das Tempo der Preisanpassungen und die Anwendungsfälle sind rasant gestiegen“, wie es der Rechtsanwalt Wolfgang Guggenberger von der Wiener Anwaltskanzlei PHH formuliert. Diesem Tempo ist wohl auch geschuldet, dass es nicht das eine Gesetz gibt, das bestimmt, in welcher Form Dynamic Pricing geregelt wird. „Bis dato fehlt auch noch die Rechtsprechung dazu“, sagt Guggenberger und verweist auf Bestimmungen in unterschiedlichsten Gesetzen, die hier zur Anwendung kommen.
Diese Gesetze gelten
Zunächst wäre da das Preisauszeichnungsgesetz, das auch durch die sogenannte Omnibus-Richtlinie der EU im Vorjahr angepasst wurde. Guggenberger: „Dieses Gesetz regelt, wie Preise im Geschäft grundsätzlich auszuzeichnen sind. Bei Rabatten etwa ist, vereinfacht gesagt, auch der niedrigste Preis der letzten 30 Tage auszuzeichnen. Auch hier gibt es Ausnahmefälle.“ Wie das Preisauszeichnungsgesetz anzuwenden ist, wenn die Preise schnell variieren, ist bis dato unklar. „Für eine schnelle Preisanpassung und die damit einhergehende Schwierigkeit, den Überblick über Preisschwankungen zu behalten, wurde das Gesetz nicht gemacht.“
Weiters spielt das Wettbewerbsrecht in die Thematik hinein: „Die Preisauszeichnung und die Art, wie Dynamic Pricing eingesetzt wird, dürfen keine Irreführung hervorrufen.“ Dazu gehört auch, wie Juristen betonen, dass Angebotspreise, die in einem Prospekt oder in einem Katalog für einen bestimmten Zeitraum ausgewiesen sind, in diesem Zeitraum tatsächlich gültig sein müssen.
Für marktbeherrschende Unternehmen ohne nennenswerte Konkurrenz wiederum gelten bei der Preisbildung andere Voraussetzungen als für kleine Einzelhändler, um den Machtmissbrauch zu verhindern. Und last but not least gilt in jedem Fall das Diskriminierungsverbot. Guggenberger merkt dazu an: „Eine Ungleichbehandlung kann dann zulässig sein, wenn es dafür auch eine sachliche Rechtfertigung wie etwa die Auslastung des Personals dafür gibt.“
Persönliche Daten
Datenschutzrechtliche Bestimmungen werden vor allem bei einer Sonderform von Dynamic Pricing, dem Personal Pricing, relevant. Hierbei handelt es sich um maßgeschneiderte Preise, die jeweils an den Kunden angepasst werden – mithilfe individueller Verbraucherdaten. „Aus rechtlicher Sicht spricht grundsätzlich wenig gegen diese Individualisierung von Preisen, vorausgesetzt es werden Datenschutzbestimmungen, Diskriminierungsverbote sowie die Bestimmungen zur Verkürzung über die Hälfte (Anm.: Preise, die mehr als 100 Prozent über dem Marktwert liegen) etc. eingehalten. In der Praxis ist wohl davon auszugehen, dass es bei der individualisierten Preisbildung häufig zu Datenschutzverletzungen kommt“, heißt es in einer AK-Studie zu Dynamic Pricing von 2015, deren rechtliche Abhandlungen zu dem Thema auch heute noch relevant sind, wie Guggenberger betont.
Rechtlich ist gegen Dynamic Pricing also auch im Supermarkt nichts einzuwenden, wenngleich Konsumentenschützer hier eine ähnliche Einschränkung wie bei Tankstellen fordern. Dass die Spritpreise nur einmal täglich geändert werden dürfen, ist aber ein Sonderfall, wie Stefan Perner, Professor für Zivil- und Unternehmensrecht an der WU Wien gegenüber Ö 1 erklärte: „Hier ist die Ausgangslage eine andere. Über den Spritpreisrechner sind online täglich alle aktuellen Tankstellenpreise in Österreich abrufbar.“ Darauf müsse man sich verlassen können.