Die Zahl der Firmeninsolvenzen in Österreich ist laut dem Gläubigerschutzverband Creditreform im ersten Halbjahr 2024 um mehr als ein Viertel auf 3363 gestiegen - ein Plus von 26 Prozent. Besorgniserregend ist der massive Anstieg der mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen um 15 Prozent auf 1264 Fälle.
„Die Pandemie spielt bei den Insolvenzen keine Rolle mehr“, sagt Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer. „Dafür schlägt die anhaltende Wirtschaftsflaute negativ zu Buche. Die Auftragsbücher leeren sich zunehmend, die Kosten steigen aber weiter. Dazu kommen bürokratische Hürden. Die Unternehmen kämpfen an zahlreichen Fronten.“
Laut einer Creditreform-Umfrage sind die Geschäftsaussichten der österreichischen Unternehmen derzeit pessimistischer als auf dem Höhepunkt der Pandemie. Rückläufige Erträge, Aufträge und Investitionen kennzeichnen das Geschäftsklima.
Die Insolvenzpassiva summierten sich auf elf Milliarden Euro, 11.000 Arbeitsplätze waren betroffen. Insbesondere Insolvenzen von Unternehmen der Signa-Gruppe und von René Benko als Einzelunternehmer prägten das erste Halbjahr, aber auch bekannte Unternehmen wie Fisker, Windhager Zentralheizung und Brucha.
Im Bundesländervergleich verzeichneten Vorarlberg (plus 74 Prozent), das Burgenland (plus 67 Prozent) und die Steiermark (plus 33 Prozent) die höchsten Zuwächse an Insolvenzfällen. Wien bleibt mit fast 15 Insolvenzen pro 1000 Unternehmen am stärksten betroffen, während Tirol mit fünf Insolvenzen pro 1000 Unternehmen die niedrigste Insolvenzrate hat.
Neuer Höchstwert erwartet
Branchenübergreifend waren der Handel (625 Insolvenzen), das Bauwesen (598) und unternehmensbezogene Dienstleistungen (500) am stärksten von Insolvenzen betroffen. Besonders stark stiegen die Insolvenzen in der Industrie (plus 44 Prozent), im Kredit- und Versicherungswesen sowie im Transportwesen (plus 44 Prozent).
Für das Gesamtjahr 2024 prognostiziert Creditreform mehr als 7200 Firmeninsolvenzen und damit einen Höchstwert seit 15 Jahren.
55.000 Euro Durchschnitts-Verschuldung
Die Zahl der Privatinsolvenzen blieb im ersten Halbjahr mit knapp über 5000 (plus 0,5 Prozent) nahezu unverändert. „Trotz steigender Arbeitslosigkeit und wachsender Kosten für die Lebenserhaltung stagniert die Privatinsolvenzentwicklung und bleibt sogar unter dem Vor-Corona-Niveau“, so Weinhofer. „Das feinmaschige soziale Netz samt staatlicher Hilfen in Kombination mit hohen Lohnabschlüssen macht die Österreicher krisenresilienter.“ Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren stieg um 1,6 Prozent auf 4600, während die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen um elf Prozent auf 392 Verfahren zurückgingen. Ein Drittel der Schuldner sind gescheiterte Selbstständige. Die Durchschnittsverschuldung liegt bei 55.000 Euro.