Fragt man nach der aktuellen Stimmung in der heimischen Holzindustrie, antwortet Norman Schirmer, Sprecher vom Fachverband der Holzindustrie, ganz direkt: „Die ist schlecht.“ Es habe sich nichts geändert zum Frühjahr, als der Fachverband die Zahlen des Vorjahres und den Ausblick für 2024 präsentierte. Im Jahr 2023 haben die 1289 Mitgliedsunternehmen Waren im Wert von 9,8 Milliarden Euro abgesetzt, das ist ein Rückgang von 18,5 Prozent im Vergleich zu 2022, der auch auf die Bauflaute zurückzuführen ist. Die Exportzahlen sind ebenfalls gesunken. Der Außenhandelsüberschuss ging um 14 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro zurück. Man sehe in Österreich und europaweit eine rückläufige Produktion. Eine rasche Entspannung erwarten die Branchenvertreter nicht. Vielmehr fordern sie Impulse, die den Wohnbau ankurbeln. Nichtsdestotrotz habe man sich „in einem schwierigen Umfeld gut gehalten“. Ein Beleg dafür sei, dass die Beschäftigtenzahlen mit 27.395 stabil geblieben sind.
Viel Potenzial für Wachstum
Grund für Zuversicht ortet auch Volkswirtin Anna Kleissner, geschäftsführende Gesellschafterin von Econmove. Die gebürtige Steirerin, die seit über 20 Jahren in Kärnten lebt und unter anderem für das IHS Kärnten, Economica und SportsEconAustria tätig war, betont: „2021 und 2022 waren Superjahre für die Forst- und Holzwirtschaft. Die Branche ist gut aufgestellt und steht nicht nur auf einem Fuß. Nach jedem Hoch kommt unweigerlich ein Tief.“ Dieses ändere jedoch nichts daran, dass es sich um eine Branche mit „extremen Wachstumspotential“ handle. Allerdings müsse man es nutzen. „Das Schlechteste, was wir tun können, ist Holz als Rohstoff zu exportieren“, sagt die Expertin. Stattdessen müsse man auf Forschung und Innovation setzen, um möglichst weit verarbeitete Produkte zu exportieren und die Wertschöpfung im Land zu halten.
Unter Wert geschlagen
„Die wirtschaftliche Bedeutung von Holz für die Wertschöpfung, Kaufkraft und Beschäftigung in Europa und Österreich wird oft unter Wert geschlagen“, betont die Volkswirtin. Denn sie sei aus den statistischen Zahlen nicht unmittelbar ablesbar. Das sei vergleichbar mit dem Tourismus, dessen wirtschaftlicher Wert sich nicht nur auf die Beherbergung begrenzen lasse, denn er beeinflusse unter anderem auch Handel und Transport. Die Forst- und Holzwirtschaft sei eng mit vielen Sektoren der Wirtschaft verbunden. Damit hat sich Kleissner in einer aktuellen Studie im Auftrag vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und der Kooperationsplattform Forst-Holz-Papier auseinandergesetzt.
In der EU lassen sich 527 Milliarden Euro direkte Bruttowertschöpfung auf die Forst- und Holzwirtschaft zurückführen, das sind 3,34 Prozent der Wirtschaftsleistung. Rechnet man die indirekten und induzierten Effekte ein, kommt man auf 1,114 Billionen Euro, was der Wirtschaftsleistung von Spanien im Jahr 2019 entspricht. Oder anders ausgedrückt: Jeder 16. erwirtschaftete Euro und jeder 16. Arbeitsplatz in Europa hängt unmittelbar oder mittelbar von der Forst- und Holzwirtschaft ab.
In Österreich ist die wirtschaftliche Bedeutung von Holz sogar noch größer. Die direkte Bruttowertschöpfung wird mit 17 Milliarden Euro beziffert, das sind 4,8 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung. Rechnet man das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk der Forst- und Holzwirtschaft ein, kommt man auf 28 Milliarden Euro. Das entspricht jedem 13. Euro der Bruttowertschöpfung. Jeder 14. Arbeitsplatz ist auf Holz zurückzuführen.
In der Steiermark werden knapp 47.300 Jobs durch die Holzwirtschaft gesichert, deren Anteil an der Bruttowertschöpfung mit 3,2 Milliarden rund sieben Prozent beträgt. In Kärnten sind es 23.000 Stellen und mit 1,5 Milliarden Euro 8,3 Prozent an der Bruttowertschöpfung.