Am Mittwoch ist am Wiener Landesgericht ein 45-jähriger Unternehmer zu 22 Monaten Haft, davon sechs Monate unbedingt verurteilt worden, weil er sich von Juni 2022 bis März 2023 widerrechtlich 162.000 Euro aus dem EU-Förderprogramm „Reparaturbonus“ erschlichen hatte. Hinsichtlich weiterer 40.000 Euro blieb es beim Versuch, weil man ihm vor der Auszahlung auf die Schliche kam. Der Schuldspruch wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs ist nicht rechtskräftig.
Der Angeklagte hatte insgesamt 1.041 Anträge eingebracht, mit denen er die Refundierung für angeblich vorgenommene Reparaturen als Gewerbetreibender geltend machte. Ein Schöffensenat kam am Ende der Verhandlung allerdings zum Schluss, dass das ein einziger groß angelegter Schwindel war. Der Software-Entwickler, der 2021 eine eigene Firma gegründet hatte, habe in Bereicherungsabsicht sowohl Kunden als auch Reparaturen erfunden. Die vorgelegten Scheinrechnungen hätten dazu gedient, das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erhalt der Förderungen zu belegen. „Sie haben aber gar nichts gemacht“, stellte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung fest. Reparaturen habe es nie gegeben.
Der Angeklagte hatte in seiner Beschuldigteneinvernahme behauptet, er habe sehr wohl Leistungen erbracht.“ Er habe den „Versuch unternommen, die Firma zu retten mit einer Leistung, die Sinn macht“. Konkret habe er bei 800 Kunden - jeweils von Sub-Unternehmern - die Tuner ihrer Fernsehgeräte ausbauen lassen, womit sich diese nach damaliger Rechtslage die GIS-Gebühr erspart hätten. Das stelle allerdings keine Reparatur dar. Insofern sei inzwischen bei ihm „das Bewusstsein da, dass es falsch war, dass es nicht korrekt war“. Es sei aber „nicht wahr, dass nichts gemacht worden ist“.
Bei der Strafsache hatte es sich um die erste von der Europäischen Staatsanwaltschaft (EStA) eingebrachte Anklage in Österreich gehandelt, bestätigte Staatsanwalt Konrad Kmetic auf APA-Anfrage. An sich ist Kmetic bei der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angesiedelt, er ist dort allerdings karenziert und der EStA Dienst zugeteilt.
In U-Haft
Der 45-Jährige war im Jänner heurigen Jahres festgenommen worden. Seither saß er in U-Haft. Da ihm die in der U-Haft verbrachte Zeit auf den unbedingten Strafteil anzurechnen war, wurde er nach der Verhandlung enthaftet. Der Ankläger meldete gegen das Urteil allerdings Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. „Eigentlich bin ich für die Zeit im Gefängnis dankbar. Ich habe eine Psychotherapie gemacht, ich habe 20 Kilo abgenommen, ich habe etwas gelernt“, sagte der Software-Entwickler. Er habe in Haft 2000 Stunden investiert, um seine EDV-Kenntnisse hinsichtlich der Künstlichen Intelligenz zu erweitern, was er zukünftig beruflich nutzen wolle: „Das ist momentan der meistgebrauchte Beruf der Welt.“
Die Anklage hatte ihm neben schwerem gewerbsmäßigem Betrug auch ausgabenseitigen Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU angekreidet. Vom zweiten Anklagepunkt wurde er aus formalen Gründen freigesprochen. Ob die lukrierten Mittel aus dem EU-Fördertopf stammten, sei „nicht mehr feststellbar“, hieß es in der Urteilsbegründung.