Die Raiffeisen Bank International (RBI) hat im ersten Halbjahr 2024 ihren Gewinn weiter gesteigert. Unterm Strich fiel ein Konzernergebnis von 1,32 Milliarden Euro an, das waren um 7,3 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Russland und Belarus haben daran nach wie vor einen beträchtlichen Anteil - ohne die beiden Länder sinkt das Konzernergebnis um mehr als die Hälfte auf 604 Mio. Euro. Wann es zu einem Ausstieg aus dem russischen Markt kommen könnte, blieb weiter offen.
In den vergangenen Monaten geriet die Bank immer stärker unter Druck, den russischen Markt, auf dem sie mit ihrer Tochter Raiffeisen Russland seit den 1990er-Jahren vertreten ist, zu verlassen. Vonseiten der RBI wurde stets betont, dass an einem Verkauf oder einer Abspaltung gearbeitet werde, auch im Halbjahresbericht 2024 wurde dies erneut gesagt. Aufgrund der Sanktionen und vielen notwendigen Genehmigungen seitens der russischen und europäischen Behörden gestaltet sich die Umsetzung eines Ausstiegs aber sehr schwierig. „Die RBI hat den Prozess somit nicht komplett selbst in der Hand“, schreibt die Bank in ihrem Bericht. „Eine realistische Vorhersage, bis wann eine Entkonsolidierung der russischen Bank abgeschlossen ist, ist daher sehr schwer möglich.“
„Keine allzu groben Auswirkungen“
Bei einem Ausstieg aus Russland würde die Bank ihre Tochter wohl unter ihrem eigentlichen Wert abtreten müssen. Auf die Kapitalisierung des Konzerns hätte das laut der RBI allerdings keine allzu groben Auswirkungen. Auch wenn sie ihre Russland-Tochter bei einem hypothetischen Buchwert von Null vollständig entkonsolidieren müsste, könnte das durch die derzeitigen Kapitalreserven abgefedert werden, so die Bank. Ohne Russland liegt die harte Kernkapitalquote der Bank mit Ende des Halbjahres bei 14,7 Prozent, inklusive Russland steht sie bei 17,8 Prozent.
Trotz allem hat die RBI ihr Risiko in Russland weiter reduziert, heißt es in dem Bericht. Seit dem Höhepunkt im zweiten Quartal 2022 habe die Bank ihre Kundenkredite um fast 60 Prozent auf 5,8 Mrd. Euro abgebaut. Zudem habe man den internationalen Zahlungsverkehr deutlich eingeschränkt und Maßnahmen zur weiteren Senkung der Kundeneinlagen getroffen.
Zu Belarus, wo die RBI mit der Priorbank tätig ist, gab es keine Neuigkeiten. Dort feilt die RBI bereits seit einigen Monaten an ihrem Ausstieg und befindet sich dazu laut Bericht nach wie vor in „fortgeschrittenen Verhandlungen“ mit dem emiratischen Investor Soven 1 Holding Limited.
Risikokosten deutlich reduziert
Konzernchef Johann Strobl gab sich mit der Entwicklung des Konzernergebnisses „zufrieden“, heißt es in der Aussendung der Bank. Die 604 Millionen Euro ohne Russland und Belarus würden einem Zuwachs von 21 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode entsprechen. In dem Ergebnis sind Vorsorgen in Höhe von 391 Millionen Euro für den Frankenkredit-Rechtsstreit in Polen inkludiert. In dem Streit, der sich seit vielen Jahren zieht, geht es um Tausende Polen, die noch vor der Finanzkrise wegen damals niedriger Zinsen in der Schweiz Kreditverträge in Franken abgeschlossen haben, um ihr Haus zu finanzieren. Der polnische Zloty verlor jedoch in der Folgezeit gegenüber dem Franken massiv an Wert, was die Häuselbauer stark belastete. Viele Kreditnehmer klagten daraufhin gegen ihre Banken, um aus den teuren Krediten herauszukommen.
Die Risikokosten (Wertminderungen auf finanzielle Vermögenswerte) der RBI haben sich indessen deutlich reduziert und lagen im Halbjahr mit 48 Millionen Euro deutlich unter dem Vorjahreswert von 259 Millionen Euro. Für ausgefallene Kredite (Stage 3) wurden Wertminderungen in Höhe von netto 170 Millionen Euro (Vorjahr: 53 Millionen Euro) gebildet, davon entfielen 87 Millionen Euro auf Nicht-Finanzunternehmen (davon wiederum Immobilienfinanzierungen: 62 Millionen Euro) und 57 Millionen Euro auf Haushalte. Als „Stage 3“ werden Kredite klassifiziert, die bereits ausgefallen sind oder bei denen ein Zahlungsausfall als wahrscheinlich angesehen wird.
Der Zinsüberschuss (inklusive Russland und Belarus) legte dank Zuwächsen in Südosteuropa um 5,3 Prozent auf 2,90 Milliarden Euro zu. Der Provisionsüberschuss ging dagegen um 18,1 Prozent auf 1,39 Milliarden Euro zurück. Hier habe sich vor allem die Reduktion des Geschäfts in Russland niedergeschlagen. Das Kundenkreditvolumen lag bei 101,9 Milliarden Euro, das war ein Plus von 2,5 Prozent zum Ende des Jahres 2023.
Im Ausblick kalkuliert die Bank bereits ohne Russland und Belarus und erwartet für den Zinsüberschuss einen Wert von rund 4,1 Milliarden Euro und für den Provisionsüberschuss rund 1,8 Milliarden Euro. Für das Kreditvolumen sieht die Bank heuer ein Wachstum von 4 bis 5 Prozent. Bei der Eigenkapitalrentabilität (Return-on-Equity/ROE) werden rund 10 Prozent erwartet. Wie viel die Aktionäre vom Unternehmenserfolg der RBI abbekommen, ist noch offen. „Jegliche Entscheidung über eine Dividendenausschüttung wird von der Kapitalposition des Konzerns ohne Russland abhängen“, schreibt die RBI in ihrem Ausblick. Die Aktie der RBI stand im Frühhandel mit 4,88 Prozent im Plus bei 18,50 Euro.