Stark gestiegene Kreditzinsen, verschärfte Wohnkreditvorschriften, gesunkene Immobilienpreise und Zurückhaltung seitens der Käuferinnen und Käufer erschüttern den Immobiliensektor seit Mitte 2022. Prominentester Insolvenzfall in Österreich ist die Signa-Gruppe rund um Firmengründer René Benko. Nun hat es die Wiener Immobiliengruppe Imfarr rund um die Familie Farrokhnia getroffen. Der Immobilienentwickler 6B47 in Wien schaffte Ende 2023 die Restrukturierung ohne Insolvenz.
Eine Auswahl von Immobilienunternehmen, die zahlungsunfähig wurden:
BBB Immo GmbH: Der vor allem in Wien aktive Entwickler und Händler von Altbau-Zinshäusern und Wohnungseigentumspaketen meldete Mitte Juli 2024 Konkurs an. Laut Medienberichten belaufen sich die Passiva auf 100 Millionen Euro. Auf der Gläubigerliste stehen demnach neben dem Finanzamt auch kleinere Banken aus der Raiffeisen-Gruppe.
B&R Generalunternehmer GmbH: Das Unternehmen des Wiener Immobilienentwicklers Lukas Neugebauer meldete heuer Ende März Konkurs an. Der Masseverwalter erklärte Mitte Mai, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die Masseforderungen zu erfüllen.
Imfarr Beteiligungs GmbH: Mit Verbindlichkeiten von über 600 Millionen Euro beantragte der Wiener Immobilieninvestor und -entwickler ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. Das von Nemat Farrokhnia im Jahr 2007 gegründete „Familienunternehmen“ gehört laut eigenen Angaben zu den „führenden privaten Investoren auf dem Gewerbe- und Wohnungsmarkt in Deutschland und Österreich“ und sorgte in den vergangenen Jahren mit großen Immobilien-Deals in Deutschland für Aufsehen. Bei der Imfarr war auch Ex-Bundeskanzler Werner Faymann als Investor zwischen 2019 und 2022 und Ex-Minister Ostermayer (beide SPÖ) von 2021 bis 2023 als Manager mit an Bord.
SC Finance Four (SCFF): Die deutsche Immobilien-Finanzierungsgesellschaft mit Österreich-Konnex schlitterte Mitte März 2024 in die Insolvenz. SCFF hatte laut deutschem „Handelsblatt“ das Anlegerkapital aus den Publikumsfonds des Hamburger Investmenthauses One Group erhalten, das als deutscher Finanzierungsarm des österreichischen Immobilienkonzerns Soravia diente.
Signa: Der Immobilien- und Handelskonzern rund um den Tiroler Investor Benko legte Ende 2023 die größte Insolvenz der österreichischen Wirtschaftsgeschichte hin. Gläubiger meldeten Forderungen von mehr als 10 Milliarden Euro an. Ermittlungen in Wien, München und Liechtenstein gegen ehemalige Signa-Manager laufen. Der über mehrere Jahre anvisierte schrittweise Verkauf der zahlreichen Top-Immobilien im Rahmen eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung inklusive Treuhand wurde bisher durch einen Rekurs der Finanzprokuratur blockiert.
Tochtergesellschaften VMF-Gruppe: Im März 2024 meldete mit der VMF-Gruppe ein weiterer Wiener Bauträger Probleme und schickte im Frühjahr zahlreiche Tochtergesellschaften in die Insolvenz, unter anderem die VMF Capital, VMF Immobilien GmbH, die VMF Liegenschaft Besitz GmbH und die VMF Vermögensverwaltung GmbH sowie weitere Projektgesellschaften. Die Raiffeisenbank Flachgau Mitte ist bei einer VMF-Finanzierung mutmaßlich um Millionen geschädigt worden. Sie musste vom Salzburger Raiffeisenverband gerettet werden. Im Fall VMF ermittelt nun die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), ob 40 Millionen Euro „treuwidrig“ verschoben wurden