Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Präsidentin Christine Lagarde hat die Leitzinsen im Euroraum vor der Sommerpause nicht angetastet. Die Währungshüter belassen den Leitzinssatz unverändert: Banken können sich von der EZB Geld zu 4,25 Prozent leihen, der bedeutende Einlagenzinssatz, zu dem Banken Geld bei der EZB parken können, bleibt bei 3,75 Prozent. Die meisten Messgrößen der Inflation sind im Juli stabil geblieben oder leicht gesunken.

Keine Festlegung auf Zinspfad

Im Juni hatte die Notenbank die Zinswende vollzogen und den Leitzins von 4,50 auf 4,25 Prozent bzw. den Einlagenzinssatz von 4,0 auf 3,75 Prozent gesenkt. Die weitere Entwicklung werde auch künftig von der Datenlage abhängig gemacht: „Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest.“

Lagarde sieht die Wirtschaft im Euroraum auf Wachstumskurs, sie soll auch im zweiten Quartal zugelegt haben. Getrieben werde die sich schleppend erholende Konjunkturerholung durch den Dienstleistungssektor, auch der Konsum soll dazu beitragen, während Industrie und Warenexport schwach blieben.

Zinspause im Sommer

Die Ankündigung ließ Anleger weitgehend kalt. Der DAX und der EuroStoxx50 verharrten bei ihren Gewinnen von jeweils knapp einem halben Prozent. Der Euro blieb knapp im Minus bei 1,09 Dollar.

Die ersten Stimmen nach dem Zinsbeschluss klangen zufrieden. „Wir sind seit der letzten Zinsentscheidung auf dem Pfad der Inflationsbekämpfung nur ein wenig vorangekommen“, erklärte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Daher sei es richtig, dass die EZB die Zinsen konstant gehalten habe.

Nächste Zinssenkung im September?

Aus Sicht von Ulrich Kater, Chefökonom der Dekabank, hat es die EZB alles andere als eilig mit weiteren Lockerungen. „Zurzeit sieht es gut aus für eine nächste Zinssenkung im September, denn auch die bislang hartnäckig hohe Dienstleistungsinflation im Euroraum lässt auf eine Beruhigung in den nächsten Monaten hoffen.“ Allerdings habe es in den zuletzt genügend Überraschungen bei den Preisen gegeben.

Inflation bleibt über Zielwert

 Die Gesamtinflation werde voraussichtlich bis weit ins nächste Jahr über dem Zielwert bleiben.  Die Notenbank werde die Zinsen so lange wie erforderlich ausreichend restriktiv halten, um dieses Ziel zu erreichen, erklärten die Währungshüter.

Auch auf den Finanzmärkten wird überwiegen eine Zinssenkung im September erwartet. Bis dahin werden noch für zwei weitere Monate Inflationsdaten veröffentlicht. „Christine Lagarde wird sich nicht auf eine Zinssenkung nach der Sommerpause festlegen“, erwartet Felix Schmidt, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Eine kategorische Absage erwartet der Experte jedoch auch nicht. „Die EZB will mehr Daten sammeln und sich alle Optionen offenhalten.“

Lohnwachstum bleibt hoch

Volkswirte hatten mit einer Zinspause gerechnet. Zwar ist die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft im Juni auf 2,5 Prozent gesunken. Sie liegt damit nicht mehr weit entfernt von der EZB-Zielmarke. Aber die Teuerung im Dienstleistungssektor, erweist sich als sehr hartnäckig. Im Juni lag sie wie schon im Mai bei 4,1 Prozent. EZB-Präsidentin Lagarde hatte zu Monatsbeginn gesagt, es werde einige Zeit dauern, bis die EZB genug Daten gesammelt habe, um sicher zu sein, dass die Gefahr einer zu hohen Inflation gebannt sei.

Zudem war das Lohnwachstum, einer der wichtigsten Inflationstreiber im Euroraum, zuletzt immer noch kräftig. Noch im ersten Quartal waren die Tariflöhne in der Eurozone um 4,7 Prozent gestiegen. Jüngste Unternehmensnachrichten weisen laut EZB-Chefvolkswirt Philip Lane aber inzwischen auf eine Abschwächung des Lohnwachstums hin. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters aus der vorigen Woche rechnen Volkswirte damit, dass die EZB die Zinsen heuer noch zweimal senken wird. Die Ökonomen erwarten auf den Zinssitzungen im September und im Dezember Schritte nach unten um jeweils einen Viertelprozentpunkt.