Österreich droht ein Rekord-Pleitenjahr. Diese Vermutung legen zumindest aktuelle Zahlen nahe, die der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) am Montag veröffentlichte. So wurden hierzulande in den ersten sechs Monaten 2098 Firmeninsolvenzen eröffnet. Um 35,8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum und so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr. In Summe prognostiziert der AKV für das gesamte Jahr rund 7000 Insolvenzen. Als Gründe führen die Kreditschützer Konsum- und Investitionszurückhaltung, hohe Zinsen und eine fehlende Kreditnachfrage an.

In der Steiermark stieg die Anzahl der eröffneten Firmeninsolvenzen um 32,12 Prozent. Weil zu den 255 eröffneten Verfahren auch noch 121 Pleiten dazukommen, bei denen mangels Kostendeckung gar kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, liegt die finale Zahl der steirischen Pleiten im ersten Halbjahr laut AKV bei 376. Jeden Tag werden gewissermaßen zwei Betriebe insolvent. 1080 Arbeitsplätze sind dadurch aktuell gefährdet.

„Besorgniserregend“ nennt der AKV die 121 Abweisungsbeschlüsse, eine „anhaltende Industrierezession“ und die „Krise in der Bauwirtschaft“ werden von den Insolvenzspezialisten grosso modo als Treiber der Insolvenzen genannt. Wenig verwunderlich liegt die Baubranche bei der absoluten Zahl der Insolvenzen mit 68 an der Spitze. Gefolgt von Handel (54 Insolvenzen) und Gastronomie (41 Insolvenzen).

Steirischer AKV-Chef Franz Blantz
Steirischer AKV-Chef Franz Blantz © AKV

Immerhin: Im ersten Halbjahr 2024 wurden in der Steiermark auch 194 Firmeninsolvenzen aufgehoben. Noch dazu mit „international unerreichten“ (AKV) Werten. Einerseits endeten 72 Verfahren (37,11 Prozent) mit einem Sanierungsplan – bundesweit waren es 29,71 Prozent. Andererseits beläuft sich die Durchschnittsquote der abgeschlossenen Sanierungspläne auf 30,95 Prozent.

„Rechnen mit gleichbleibender Entwicklung“

„Wir sahen zwar in den letzten zwei Monate einen leichten Rückgang, rechnen aber grundsätzlich auf das Jahr hin betrachtet mit einer gleichbleibenden Entwicklung“, sagt der steirische AKV-Chef Franz Blantz.

Während die Steiermark im Bereich der Firmeninsolvenzen also im Bundestrend liegt, ist das bei den Privatpleiten nicht der Fall. Österreichweit liegt man in dieser Kategorie nämlich noch weit hinter den Zahlen vor der Pandemie. In der Steiermark sieht das komplett anders aus, es bahnt sich gar das dritte Rekordpleitenjahr in Folge an.

Männer höher verschuldet als Frauen

Schon 2022 wurde über das Vermögen von 1049 Privatpersonen ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, im Jahr 2023 war das bei 1032 Menschen der Fall. Zahlen, die man laut AKV „auch im Jahr 2024 erreichen wird“. Im ersten Halbjahr stehen jedenfalls 564 Privatinsolvenzen zu Buche. „Alarmierend“ nennen die Gläubigerschützer die Entwicklung. Als „Durchschnittsverschuldung“ weist der AKV für das erste Halbjahr 93.500 Euro aus. Was auffällt: Männer (115.300 Euro) waren deutlich höher verschuldet als betroffene Frauen (60.400 Euro).

Warum die Zahlen in der Steiermark so außergewöhnlich hoch sind? AKV-Chef Blantz glaubt nicht, dass „die Haushalte in der Steiermark massiver verschuldet sind als anderswo“. In erster Linie sei es „eine Kapazitätsfrage“. Etwa aufseiten der Schuldnerberatung, die in der Steiermark nach der Pandemie wieder früher in die Gänge kam als anderswo, oder bei den Gerichten.