Am 14. Juli jährt sich die Schließung der Commerzialbank Mattersburg durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) zum vierten Mal. Die Aufarbeitung der laut den Gläubigerschutzverbänden größten Insolvenz des Burgenlandes dauert indes noch an. Ein erster Prozess wegen Erpressung und Veruntreuung fand bereits statt, eine weitere Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde von zwei Personen beeinsprucht und befindet sich aktuell noch beim Oberlandesgericht Wien.
Die WKStA informierte heuer am 29. Jänner über die jüngste Anklage gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der pleitegegangenen Bank, Martin Pucher, und seine Vorstandskollegin Franziska Klikovits. Vorgeworfen wird ihnen unter anderem Veruntreuung von Bankgeldern, Untreue und betrügerische Krida. Diese Anklage ist ein Teilaspekt des laufenden strafrechtlichen Verfahrens zur Aufarbeitung der Insolvenz aus dem Sommer 2020. Die Schadenshöhe der Tatvorwürfe beläuft sich auf insgesamt rund 70 Millionen Euro.
Bankgelder veruntreut?
Pucher und Klikovits sollen Bankgelder von knapp 40 Millionen Euro veruntreut und mittels Scheinrechnungen unrechtmäßig den Firmen ihnen nahestehender Unternehmer zukommen haben lassen. Ebenso sollen sie Kredite von insgesamt über 30 Millionen Euro an diese Betriebe vergeben haben, obwohl diese wirtschaftlich nicht vertretbar und nicht ausreichend besichert gewesen sein sollen. Mitangeklagt sind drei Unternehmer, deren Firmen sich in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hatten. Sie hätten sich durch ihre Kreditanträge an den strafbaren Handlungen der Bankvorstände beteiligt und seien als Aussteller von Scheinrechnungen bzw. Kreditnehmer die Empfänger der Millionenbeträge gewesen, so die Anklagebehörde.
Gegen diese Anklage wurde von zwei Personen Einspruch erhoben, die Einwände werden vom OLG Wien noch geprüft. Es kann die Anklage bestätigen oder abändern oder auch ganz aufheben. Wann die Entscheidung vorliegen wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Erst nach dieser kann die etwaige Verhandlung am Landesgericht Eisenstadt ausgeschrieben werden.
In Abwesenheit schuldig gesprochen
Geständig hingegen verantwortet sich Pucher selbst. Er sei weiterhin kooperativ, erklärte sein Anwalt Norbert Wess gegenüber der APA. Die WKStA ermittle weiterhin diverse Verfahrensstränge. Pucher bleibt bei seiner Verantwortung, so Wess. Aktuell finden keine Einvernahmen seines Mandanten statt, man werde aber zu einzelnen Fragen kontaktiert.
Der schwerkranke Pucher wurde – wie auch Klikovits – Anfang dieses Jahres bereits in Abwesenheit vom Landesgericht Eisenstadt in einem Nebenstrang schuldig gesprochen. Dass er bei einem nächsten Prozess persönlich anwesend ist und vernommen werden kann, gilt als unwahrscheinlich.