Die italienische Großbank UniCredit setzt sich gegen die Forderung der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Wehr, ihr Geschäft in Russland zu reduzieren. Die Bank-Austria-Mutter, die nach der Raiffeisen Bank International (RBI) die zweitgrößte westliche Bank in Russland ist, wolle vor Gericht klären lassen, ob die EZB die Aufgabe des Russland-Geschäfts verlangen dürfe, teilte das Institut mit.

Die UniCredit hat laut eigenen Angaben Bedenken hinsichtlich der Bedingungen, unter denen der Geschäftsrückzug erfolgen muss. Diese würden über den derzeitigen Rechtsrahmen hinausgehen, erklärte das Institut. Der Verwaltungsrat der Bank habe daher einen Antrag an das Gericht der Europäischen Union gestellt, um Klarheit über die Verpflichtungen zu bekommen.

Aufforderung zum Ausstieg

Die wenigen europäischen Banken, die mehr als zwei Jahre nach Kriegsausbruch in der Ukraine noch in Russland tätig sind, gerieten zuletzt immer stärker unter Druck der Aufsichtsbehörden in der EU und von US-Behörden. Erst vor wenigen Wochen hatte die EZB die in Russland aktiven Geldhäusern per Bescheid zu einem Ausstieg aus dem russischen Markt aufgefordert, um Risiken zu reduzieren. Neben der UniCredit hatten auch die RBI und andere Banken ein solches Schreiben erhalten. Die RBI wolle gegen den Bescheid der Aufsichtsbehörde nicht gerichtlich vorgehen, bekräftigte ein Banksprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters.

Weiters teilte die UniCredit mit, dass sie seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine Strategien zum Abbau ihres Geschäfts in Russland beschlossen habe. Das grenzüberschreitende Geschäft sei bereits um 91 Prozent und das inländische Geschäft um 65 Prozent reduziert worden, so die Bank. Dies würde zeigen, dass die UniCredit grundsätzlich mit der EZB übereinstimmt, was die Bedeutung des Rückzuges aus dem Land anbelangt.

Entscheidung ausgesetzt

Die EZB sei über den Antrag der UniCredit informiert worden, dessen Bearbeitung mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Bis dahin habe die Bank eine vorläufige Aussetzung der Entscheidung zum Russland-Geschäft beantragt. Bis es hier Klarheit gibt, will die Bank allerdings ihrer Verpflichtung nachkommen, ihre Präsenz in Russland deutlich zu reduzieren.

Die RBI wird vor allem von den USA stark unter Druck gesetzt, das russische Geschäft komplett aufzugeben. Die Möglichkeit, mit dem Kauf eines Strabag-Anteils, der zuvor dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska gehört hat, Mittel aus dem Land zu schaffen und das Russland-Exposure so zu reduzieren, wurde im Mai von zu hohen Sanktionsrisiken durchkreuzt. Zuvor hatte die US-Sanktionsbehörde in einem Brief zudem Besorgnis über die angebliche Expansion der RBI in Russland geäußert und davor gewarnt, dass der Zugang der RBI zum US-Finanzsystem - sprich zum US-Dollar - eingeschränkt werden könnte. Obwohl die RBI den Strabag-Deal abgeblasen hat, hätten die US-Behörden weiterhin ein wachsames Auge auf die Beziehungen der Bank mit Russland und potenzielle Sanktionsumgehungen, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag zwei Insider.