Gleich in mehrfacher Hinsicht sticht das steirische Insolvenzgeschehen im ersten Halbjahr heraus. Die finale Zahl von 367 Firmenpleiten, die der KSV1870 am Donnerstag bekanntgab, bedeuten einen starken Anstieg um 29 Prozent im Jahresvergleich. Das ist der zweithöchste Wert seit 2015 (404) und liegt nur 16 Prozent unter dem Wert des Krisenjahres 2009. „Wir haben keine Insolvenzwelle, aber eine Dynamik, und die wird nicht abreißen“, sagt Rene Jonke, Leiter des Kreditschutzvereines von 1870 in der Steiermark, der deshalb für das Gesamtjahr rund 750 Firmenpleiten im Bundesland prognostiziert. Die Vorhersage für die ersten sechs Monate hatten die Experten genau getroffen.
Die Insolvenz des US-E-Autobauers Fisker sorgt dafür, dass die Passiva in der Steiermark gleich um 1383 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro in die Höhe schnellten. Rechnet man diesen Ausnahmefall heraus, so bleiben 174 Millionen Euro an Verbindlichkeiten übrig, was immer noch einem Plus von 34 Prozent entspricht. In der Bauwirtschaft (74), im Handel (67) und in der Gastronomie gab es die meisten Firmeninsolvenzen.
Nur 44 Prozent sind positiv gestimmt
Eine eigene KSV-Umfrage (Austrian Business Check) bestätigt, wo den Unternehmen der Schuh drückt. Hohe Energiekosten und Preissteigerungen von Lieferanten, die nach wie vor hohe Inflation und ein „gefühlt“ schlechteres Zahlungsverhalten werden als häufigste Gründe für wirtschaftliche Schieflagen genannt. Die Situation in den Betrieben hat sich demnach im vergangenen Jahr deutlich verschlechtert. Hatten im Frühjahr 2023 63 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage positiv bewertet, so sind es aktuell nur noch 44 Prozent. Das ist hinter Kärnten der zweitschlechteste Wert im Vergleich der Bundesländer, so Jonke. Nur 16 Prozent der steirischen Unternehmen erwarten eine Verbesserung des Status quo, bundesweit sind dies 25 Prozent.
Auf dem Arbeitsmarkt verstärkt dies die paradoxe Situation, dass zum einen nach wie vor ein Fach- und Arbeitskräftemangel herrscht, die Aussichten für Jobsuchende sich aber dennoch eintrüben. „Es gibt wenig Grund zu Optimismus“, erklärte Karl-Heinz Snobe, Landeschef des Arbeitsmarktservice, am Donnerstag an der Seite der Kreditschützer. „Das gesamte Jahr 2024 wird schwierig bleiben, für den Arbeitsmarkt erwarte ich das auch für das erste Quartal 2025. Das kostet viel Geld – sowohl der öffentlichen Hand als auch den Beitragszahlern.“ Detail am Rande: Snobe erwartet für 2025 eine zehnprozentige Kürzung des AMS-Budgets.
Die Zahl der von Insolvenzen betroffenen Dienstnehmer erhöhte sich um 50 Prozent auf 1294. Im ersten Halbjahr stieg die Arbeitslosigkeit in der Steiermark im Schnitt um 11,6 Prozent auf 35.670 Personen (ohne Schulungsteilnehmer) an, nur in Oberösterreich ist die Entwicklung noch schlechter (plus 18,1 Prozent). Die Krise in der Industrie und am Bau trifft die beiden Bundesländer härter als andere. Snobe: „Damit die Arbeitslosigkeit sinkt, bräuchten wir ein Wirtschaftswachstum von 1,4 bis 1,5 Prozent.“ Das geben die Prognosen der Wirtschaftsforscher aber länger nicht her.
Im mehrjährigen Vergleich präsentiert sich der steirische Arbeitsmarkt dennoch robust, was damit zu tun hat, dass laut KSV-Umfrage 52 Prozent der Betriebe vom Arbeitskräftemangel betroffen sind. Snobe: „Die Betriebe halten ihr Stammpersonal. Wenn sie suchen, dann ideal passende Fachkräfte. Wir sagen den Unternehmen, der nächste Aufschwung kommt bestimmt, und dafür gilt es, Vorsorge zu treffen.“