„Das darf uns nicht verunsichern, Veränderungen, die wir erleben, sind historisch betrachtet die Normalität“ – mit diesem Appell hat sich Kurt Maier als neuer Präsident der steirischen Industriellenvereinigung (IV) an die gut 300 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft gewandt. Zuvor war der Vorstand der Heinzel Holding in der IV-Vollversammlung einstimmig zum Nachfolger von Stefan Stolitzka an die IV-Spitze gewählt worden. Stolitzka bleibt – nach vier Jahren als IV-Steiermark-Präsident – im IV-Landes- und IV-Bundesvorstand aktiv.
Im Superwahljahr 2024 seien Veränderungen allgegenwärtig, doch die Industrie habe bereits in den vergangenen Jahren bewiesen, wie man Krisen bewältigt und völlig veränderte und unvorhersehbare Marktentwicklungen managt, so Maier. Dafür brauche es aber auch entsprechende Rahmenbedingungen – auf europäischer, auf nationaler und auf steirischer Ebene. Ziel müsse es sein, „dass die Steiermark auch weiterhin zu den weltweit besten Innovations- und Industriestandorten zählt“. Die IV arbeite vor dem Hintergrund der nahenden Landtagswahlen an einer „Agenda Industriestandort Steiermark 2030“.
„Sollten uns nicht mit unnötiger Bürokratie beschäftigen müssen“
Sorgen bereite die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit. „Wir müssen als Europa vom Regulator zum Innovator werden, wenn wir in Zukunft global noch eine Rolle spielen wollen“, so Maier. Die USA und China würden Europa zunehmend abhängen. „Und was ist die Antwort der EU auf diese Entwicklung? Sie lautet CSRD, NIS2, RED II und RED III, EUDR, PPWR und CSDDD, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Mehrwert all dieser Regularien ist überschaubar, führt aber jedenfalls zu erheblichem administrativen Mehraufwand.“ In einer ohnehin widrigen Konjunkturkulisse gelte umso mehr: „Wir sollten uns mit dem Markt beschäftigen können und nicht mit unnötiger Bürokratie beschäftigen müssen.“
In Hinblick auf den österreichischen Standort verweist Maier auf die Kostenentwicklungen bei Energie und Löhnen und warnt, „dass sich Österreich aus dem Weltmarkt herauspreist“. Kritik kommt auch an der Dauer von Genehmigungsverfahren bei der grünen Transformation. Es sei mehr Tempo nötig. Dazu seien mehr Personal und Digitalisierung notwendig. „Wenn Verfahren so lange dauern, dass zum Genehmigungszeitpunkt die eingereichten Turbinen für Windkraftwerke nicht mehr hergestellt werden, dann stimmt doch etwas nicht.“ In Österreich brauche es aus seiner Sicht überdies „eine grundsätzliche Debatte über Arbeit als wichtigen, sinnstiftenden Teil des Lebens und ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass unser Wohlstand nur durch mehr Arbeit und Leistung aufrechterhalten werden kann“. Vollzeit und Mehrarbeit müsse „von Steuern und Abgaben mehr entlastet und dadurch wieder attraktiver werden“.
Das bis 2027 neu gewählte IV-Präsidium erfährt auch abseits der Spitzenfunktion eine Erneuerung. Als Vizepräsident verbleibt Franz Mayr-Melnhof, neu in dieser Funktion sind nun Alfred Marchler (Zeta) und Markus Ritter (Marienhütte) tätig, sie folgen auf Voestalpine-Vorstand Franz Kainersdorfer und Nina Pildner-Steinburg (GAW). Personelle Änderungen gab‘s auch in der IV-Geschäftsführung. Gernot Pagger wechselt zu Neuroth, ihm folgt Christoph Robinson nach, Nina Zechner bleibt stellvertretende Geschäftsführerin.
Pagger wird „Public Affairs Manager“ bei Neuroth
Mit seiner Ankündigung, sich nach 21 Jahren bei der Industriellenvereinigung, davon zehn als Geschäftsführer, neuen beruflichen Herausforderungen zu widmen, sorgte Pagger Anfang Mai für eine Überraschung. Im Rahmen des IV-Sommerempfangs machte er nun seinen Wechsel zur Neuroth-Gruppe öffentlich, wo er als „Public Affairs Manager“ tätig sein wird. Er werde diesen neuen Bereich ab 1. Oktober aufbauen. Er blicke „mit großer Vorfreude darauf, den Weg von Neuroth, einem international erfolgreichen steirischen Unternehmen, mitgestalten zu können“, so Pagger. Neuroth-CEO Lukas Schinko unterstreicht, dass man die neue Position geschaffen habe, um durch Aufklärungsarbeit „das nach wie vor vorhandene gesellschaftliche Stigma rund um das Thema Hörminderung nachhaltig abzubauen“. Mit Pagger habe man dafür „eine erfahrene und gut vernetzte Person gewonnen“.
Die Liste von Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik war auch beim diesjährigen Sommerempfang bemerkenswert. Aus der Landes- und Bundespolitik waren u. a. Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl, die Bundesräte Elisabeth Grossmann und Christian Buchmann, die Landtagsabgeordneten Sandra Krautwaschl, Niko Swatek und Alexandra Pichler-Jessenko vertreten. Von den Sozialpartnern AK-Präsident Josef Pesserl, WK-Präsident Josef Herk sowie Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher. Auch die Finanzwirtschaft war der Einladung u. a. mit RLB-Generaldirektor Martin Schaller, BKS-Vorstandschef Nikolaus Juhász, BKS-Landesdirektor Manfred Geiger, Bank-Austria-Landesdirektor Christian Strobel-Ludwig dem Vorstand der Steiermärkischen Sparkasse, Georg Bucher sowie Grawe-Generaldirektor Klaus Scheitegel, gefolgt. Die Spitze der Industriellenvereinigung auf Bundesebene war vollständig nach Graz gekommen, darunter Präsident Georg Knill und Generalsekretär Christoph Neumayer. WK-Industrie-Spartenobmann Max Oberhumer und IV-Ehrenpräsident Jochen Pildner-Steinburg rundeten die Riege der Industriellen ab.