Dem folgenschweren Fisker-Desaster folgt die nächste Hiobsbotschaft für Magna Steyr: Das britische Start-up Ineos Automotive zieht sich mit sofortiger Wirkung aus Graz zurück. Lynn Calder, die Vorstandschefin der Autosparte, überbrachte die schlechte Nachricht höchstpersönlich und informierte in Graz die Magna-Spitze über die Entscheidung des Konzerns.
Demnach stoppt Ineos in Graz nicht nur die Entwicklung des Elektro-Geländewagens, sondern sagt auch die Produktion der dritten Modellreihe ab, die ab 2027 bei Magna vom Band laufen hätte sollen. An der Entwicklung sind in Graz seit zwei Jahren knapp 300 Mitarbeiter beschäftigt, die jetzt um ihren Job bangen müssen. Die Fertigung von bis zu 30.000 Stück pro Jahr hätte 2000 Arbeitsplätze gesichert.
Roland Prettner, Chef von Magna Steyr, bestätigt der Kleinen Zeitung auf Anfrage den Stopp: „Wir sind von Ineos über ihre Entscheidung informiert, respektieren diese und besprechen mit dem Kunden die erforderlichen nächsten Schritte.“ Bei Magna Steyr arbeite man nun „aktiv mit bestehenden und potenziellen neuen Kunden an mehreren Projekten“. Prettner: „Als einer der größten Auftragsfertiger vertrauen wir in unsere Fähigkeiten und Erfahrung und sind optimistisch, weitere Projekte zu gewinnen.“
Zweifelhafte Rentabilität
Ausschlaggebend für den Rückzug war der Business-Case, die Prognosen und zweifelhafte Rentabilität hatten zuletzt gegen den Bau des elektrischen Ineos gesprochen. Wobei die Absatzflaute am Elektroauto-Markt die Entscheidung mit beeinflusst hat. Der Fusilier, als Einstiegsmodell von Ineos gedacht und erst vor wenigen Wochen in London präsentiert, wird vorerst auf Eis gelegt.
Die Autopläne von Ineos hat Eigentümer Jim Ratcliffe deswegen keineswegs infrage gestellt. Der britische Milliardär hat angeordnet, sich vorerst auf den globalen Absatz der beiden Modelle Grenadier und Quartermaster zu konzentrieren, um die Marke am Markt zu festigen und sichtbar zu machen. Im Fokus stehen dabei die USA, auch in China soll demnächst der Verkauf erfolgen. Beide Fahrzeuge werden im ehemaligen Smartwerk im französischen Hambach gebaut.
Suche nach Alternativen
Der Geländeriese Grenadier, mit dem Ineos 2022 startete, wurde schon bei Magna in Graz zur Serienreife entwickelt. Heuer will Ineos zumindest 25.000 Fahrzeuge bauen.
Was Ineos der Ausstieg aus den diversen Verträgen kosten wird, steht noch nicht fest. Magna setzt nun u. a. die Hoffnungen auf chinesische Autobauer, einige Verhandlungen für Entwicklung und Produktion sollen erfolgsversprechend laufen. Und wie man hört, sollen die Chinesen (Chery, Geely) durchaus auch an einem Einstieg bei Magna interessiert sein.
Gerhard Nöhrer