Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) hat anlässlich des am Donnerstag tagenden WKÖ-Wirtschaftsparlaments eine „Entlastungsoffensive“ vom Bund und der EU gefordert. Sowohl die nächste Kommission in Brüssel als auch die nächste Bundesregierung in Wien „werden einen starken Schwerpunkt auf die Themen Standort und Wettbewerbsfähigkeit legen müssen“. Wirtschaftsforscher hatten sich allerdings erst am Vortag für ein notwendiges Sparpaket in Österreich ausgesprochen.
„Was wir jetzt brauchen, ist eine Entlastungs- statt Belastungsoffensive“, sagte Mahrer laut Aussendung. „Das muss das zentrale Motto für die EU und auch Österreich sein.“ Alle Akteure müssten sich die Frage stellen, wie es mit der Wirtschaftskraft des Landes weitergeht, da es diese dringend für soziale Sicherheit, Arbeitsplätze und Wohlstand in ganz Österreich brauche. „Denn so etwas wie ‚öffentliches Geld‘ gibt es nicht – es gibt nur das, was wir alle gemeinsam tagtäglich erwirtschaften. Dafür braucht es die richtigen Rahmenbedingungen“, forderte Mahrer mit Blick auf den globalen Wettbewerb mit den USA und China. Hohe Kosten für Arbeit, Energie und Bürokratie in Europa würden da eine große Rolle spielen. Investitionen würden immer weniger in Österreich getätigt, weil es immer weniger leistbar werde, hier zu produzieren.
„Reihe an Notwendigkeiten außer Streit zu stellen“
Wie viel Spielraum die nächste Bundesregierung hat, erscheint offen. Erst am Mittwoch forderten die Spitzenvertreter der Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS bei der Präsentation ihrer Konjunkturprognose ein Sparpaket von der nächsten Regierung. Das sollte etwa fünf Milliarden Euro schwer sein, auch gewisse Steuern sollten demnach erhöht werden, hieß es.
Mit Blick auf die Nationalratswahl forderte Mahrer, „eine Reihe an Notwendigkeiten außer Streit zu stellen“. So drohe Österreich in den kommenden 15 Jahren eine Lücke von gut 250.000 Arbeitskräften. Es werde daher unter anderen Punkten nötig sein, „Menschen auf Basis klarer Kriterien auf Zeit nach Österreich zu holen“. Noch mehr sei aber zu bewegen, wenn sich Mehrarbeit, Vollzeit und Arbeiten im Alter lohnen und die Kinderbetreuung ausgebaut werde. Schon jetzt würden sich Branchen gegenseitig die Mitarbeiter abwerben.
Kampagne gegen die „Zwangsmitgliedschaft“
Der Wirtschaftskammer-Ableger der NEOS namens UNOS fuhr anlässlich des Wirtschaftsparlaments auch wieder die Kampagne gegen die „Zwangsmitgliedschaft“ in der Kammer hoch. Denn die WKÖ gehöre verschlankt und den Unternehmen zu hohe Beiträge erspart. Mahrer sagte zur Pflichtmitgliedschaft: „Die Grundidee hinter der gesetzlichen Mitgliedschaft war immer, dass wir als österreichische Wirtschaft mit einer starken Interessenvertretung unsere Interessen selbst bestimmen und nicht der staatlichen Hand überlassen.“ Diese Freiheitsrechte sein der Monarchie „abgerungen“ worden.
Grüne und Freiheitliche üben Kritik
Freiheitliche und Grüne im Wirtschaftsparlament sahen ihre jeweiligen Anträge vom ÖVP-Wirtschaftsbund abgeschmettert und kritisierten die mit Abstand stärkste Fraktion massiv. Die Grünen sahen die soziale Absicherung von Unternehmerinnen und Unternehmern weiterhin auf dem Abstellgleis. Die Blauen wollten das Bau- und Wohnpaket der türkis-grünen Bundesregierung „reparieren“, indem sie WKÖ-Organe an die Regierung herantreten lassen wollten, weil es nicht ankomme. Doch auch daraus sei wegen des Wirtschaftsbundes nichts geworden, wurde moniert.
Kammerumlagen stiegen auf 273,4 Millionen
WKÖ-Vizepräsident und -Finanzreferent Wolfgang Hesoun hat dem Wirtschaftsparlament auch den Rechnungsabschluss für 2023 zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Kammerumlagen stiegen um 4,4 Prozent auf 273,4 Millionen Euro. Der Gewinn unterm Strich beläuft sich auf 28 Millionen Euro - nach einem Nach-Steuer-Ergebnis von 63 Mio. Euro 2022. Der Personalaufwand betrug 152 Millionen Euro, der Sachaufwand 153 Millionen Euro, wie die WKÖ mitteilte.