Eine Evaluierung der gesetzlichen Bestimmungen zur Arbeit im Homeoffice, die während der Pandemie eingeführt worden waren, hat gezeigt, dass eine Ausweitung notwendig ist – und zwar auf ortsungebundene Telearbeit auch außerhalb der Wohnung. Der Sozialausschuss des Nationalrates hat daher heute mit breiter Mehrheit die arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen für Telearbeit auf den Weg gebracht, geht aus einer Aussendung des Pressedienstes der Parlamentsdirektion hervor. Der Unfallversicherungsschutz wird sich aber je nach Telearbeitsort unterscheiden. Für die Novelle stimmten ÖVP, FPÖ, Grüne und NEOS.
„Homeoffice“ auch im Café
Laut Definition im Gesetz liegt Telearbeit dann vor, wenn Arbeitnehmer:innen regelmäßig Arbeitsleistungen unter Einsatz von Kommunikationstechnologie entweder in ihrer Wohnung oder an einem anderen, selbst gewählten Ort außerhalb des Unternehmens erbringen. Möglich wird damit also auch das Arbeiten in der Wohnung von Angehörigen, in Coworking-Spaces oder an anderen Orten wie Cafés.
Unterschiedlicher Versicherungsschutz
Allerdings sollen beim Unfallversicherungsschutz unterschiedliche Regelungen je nach Örtlichkeit gelten. So soll bei „Telearbeit im engeren Sinn“ – also in der eigenen Wohnung, bei Angehörigen oder in Coworking-Spaces – auch der Arbeitsweg unfallversicherungsrechtlich geschützt werden. Voraussetzung ist aber, dass der Wohnort der Angehörigen oder der Coworking-Space „in der Nähe“ der eigenen Wohnung oder der Arbeitsstätte liegt bzw. die Entfernung dem üblichen Arbeitsweg entspricht.
Bei „Telearbeit im weiteren Sinn“ – also an allen anderen Orten – soll es keinen Wegeschutz geben. Zwar sind die Personen dann während der Verrichtung der Arbeit vor Ort im Falle eines Arbeitsunfalls versicherungsrechtlich geschützt. Am Weg etwa zum Park, ins Café oder auch in ein Hotel besteht aber kein Schutz der Unfallversicherung. Die Regelungen sollen für ASVG-Versicherte ebenso wie für Beamt:innen und Versicherte nach dem Notarversorgungsgesetz gelten.
Arbeitsvereinbarung
Das Gesetz sieht außerdem unter anderem auch vor, dass Telearbeit und die Orte, an denen diese geleistet werden kann, in einer Telearbeitsvereinbarung schriftlich vereinbart werden müssen. Es braucht außerdem ein Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Auch im Steuerrecht soll der Begriff Telearbeit das „Homeoffice“ ersetzen. Die Voraussetzungen für das Telearbeitspauschale bleiben aber gegenüber dem bisherigen Homeofficepauschale unverändert: pro ausschließlichem Telearbeitstag – jedoch für höchstens 100 Tage im Kalenderjahr – stehen Arbeitnehmer:innen bis zu 3 Euro zu.
Die Bestimmungen sollen mit 1. Jänner 2025 in Kraft treten und für alle ab diesem Zeitpunkt geschlossenen Telearbeitsvereinbarungen gelten.
Pro und Contra
Das Arbeiten außerhalb der Arbeitsstätte sei „gekommen um zu bleiben“, sagte Tanja Graf (ÖVP). Mit der Gesetzesänderung wolle man die zukünftige Gestaltung festlegen, insbesondere mit Blick auf das Arbeiten auch außerhalb der eigenen Wohnung. Graf zeigte sich überzeugt, dass die Novelle mehr Klarheit für die Mitarbeiter:innen bringen werde.
Vonseiten der FPÖ signalisierte Dagmar Belakowitsch zwar ihre Zustimmung, weil es zu einer rechtlichen Absicherung der Telearbeit komme. Ihre Fraktion sei aber generell „kein Freund von Telearbeit“. Die Entwicklung, dass man auch im Park oder im Kaffeehaus seinen Job machen könne, sehe sie nicht positiv. Ihrer Meinung nach sollte man Telearbeit auf ein Minimum reduzieren, weil es zu sozialer Vereinsamung führen könne. Das digitale Leben sei für sie „nicht der Weisheit letzter Schluss“. Auch Peter Wurm (FPÖ) bezeichnete Digitalisierung auf allen Ebenen als „Fehlentwicklung“. Tanja Graf (ÖVP) hielt dem entgegen, dass Homeoffice und Telearbeit immer Vereinbarungssache sei und niemand zu etwas gezwungen werde, was er oder sie nicht möchte.
Gerald Loacker (NEOS) meinte, man sehe dem Gesetzentwurf an, dass sehr viele gescheite Leute daran gearbeitet haben. Er äußerte die Sorge, dass es „zu gescheit geworden“ sei. Denn die unterschiedlichen Regelungen zu Telearbeit im engeren und im weiteren Sinn seien sehr detailliert und kompliziert. Er habe die Befürchtung, dass die Normunterworfenen nicht mehr verstehen, was in welchem Fall gilt. Dennoch trage seine Fraktion die Änderungen mit, weil Telearbeit möglich sein soll.
Kocher: „Komplexe Regelungen“
Arbeitsrechtlich sei die Ausweitung von Homeoffice auf Telearbeit sehr einfach gewesen, weil beides klar Vereinbarungssache zwischen Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in sei, sagte Arbeitsminister Martin Kocher. Der Versicherungsschutz sei jedoch in der Tat eine sehr komplexe Frage. Dieser Punkt sei bereits jetzt sehr einzelfallorientiert geregelt und mit den Sozialpartnern im Vorfeld am meisten diskutiert worden. Die Regelungen seien komplex, müssten das aber auch sein, betonte Kocher. Dennoch sieht er in den Änderungen eine Weiterentwicklung, die Vorteile bringe.
Die SPÖ verweigerte ihre Zustimmung insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Regelungen im Unfallversicherungsschutz. Sie könne nicht nachvollziehen, warum ein Unfallschutz zwar während der Verrichtung von Telearbeit im weiteren Sinn gegeben sei, aber etwa nicht am Weg ins Café, sagte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Sie befürchtete, dass das zu Verwirrung und schwierigen Verfahren führen werde. Ihr Fraktionskollege Alois Stöger stellte wie Peter Schmiedlechner (FPÖ) in Frage, ob es wirklich notwendig sei, die Telearbeitsbestimmungen im Landarbeitsgesetz nachzuvollziehen. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar