„Chaos an der Strombörse“, „Strommarkt spielt verrückt“, „Extrempreise sorgen für Schock“ – am Dienstag ist es an der Pariser Strombörse Epex Spot zu einem gravierenden technischen Fehler gekommen. Mit teils heftigen Folgen bis in die Steiermark. Aber der Reihe nach: Laut dem Börsenbetreiber ist es bei einer sogenannten „Day-Ahead-Auktion“, also einer Strompreisauktion, die am Dienstag für den gestrigen Mittwoch erfolgt ist, zu einem sogenannten „Decoupling“ (deutsch: „Entkopplung“) gekommen. Die Börse musste daher für jedes Land eigene, lokale Auktionen durchführen. „Die Strombörse Epex Spot wurde für einen Tag aus der europäischen Auktion entkoppelt, was für diese Börse zu extremen Preisverwerfungen führte“, erklärt Leo Lehr, stellvertretender Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der E-Control.
Wie drastisch diese Preisausschläge in vielen Ländern ausgefallen sind, verdeutlichen diese Zahlen: In Österreich hat eine Megawattstunde gestern zwischen 10 und 11 Uhr fast 2000 Euro gekostet – statt unter 100 Euro wie sonst. Auch am Nachmittag gab es einen ähnlichen Preisaufschlag. Experte Lehr hatte bereits am Dienstagabend via X davor gewarnt, als diese außerordentlichen Preise an der Börse veröffentlicht wurden. „Grundsätzlich referenzieren dynamische Tarife auf die sogenannten Day-Ahead-Preise, das heißt, dass diese Preise jeweils am Vortag veröffentlicht werden.“ Das bedeute, „dass Kunden im Normalfall einen Tag Zeit haben, ihren Verbrauch in besonders teuren Stunden zu reduzieren, soweit das möglich ist“. Einige Energieversorger haben Kunden via Push-Meldungen im Vorfeld gewarnt, eine eigene Vorschrift dafür gibt es nicht.
„Wollen unseren Kunden rasch und unbürokratisch entgegenkommen“
Auch in der Steiermark haben diese Preisausschläge bei Kunden mit dynamischen Tarifen gestern zu Schockmomenten geführt. „Von den Datenstörungen der Strombörse waren rund 5500 Kunden der Energie Steiermark und der Marke Smart Energy betroffen“, teilt Urs Harnik, Konzernsprecher der Energie Steiermark, auf Anfrage mit. „Preise, die kurzfristig mehr als 20 Mal so hoch ausgewiesen wurden, als sie tatsächlich waren, sorgten verständlicherweise für zahlreiche Irritationen und verängstigte Anrufe.“ Was bedeutet das nun für die betroffenen Kunden? „Obwohl der Fehler eindeutig nicht in unserem Bereich lag, haben wir uns trotzdem kurzfristig dazu entschlossen, für die Stunden der Störung die Verrechnung für den Verbrauch auf zehn Cent pro Kilowattstunde inkl. Gebühren nach oben zu begrenzen“, verspricht Harnik. „Damit wollen wir unseren Kunden rasch und unbürokratisch entgegenkommen und helfen.“ Gleichzeitig habe man die Strombörse aufgefordert, „die entsprechenden IT-Kontrollmechanismen drastisch zu verschärfen, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern“, so Urs Harnik.
Wie häufig treten solche Ereignisse auf? „Solche Decoupling-Vorfälle kommen gelegentlich vor. Durch die wachsende Zahl der Teilnehmer an der europaweiten Auktion, die sehr große Zahl der beteiligten Systeme und die zunehmende Komplexität der Vorgänge ist ein gewisses Risiko gegeben“, betont Leo Lehr. „Der jetzige Vorfall betraf jedoch im Vergleich eine große Anzahl an Ländern und die größte der teilnehmenden Börsen, weshalb die Auswirkungen stärker spürbar waren.“