Mit Gegenwind hatte Georg Pölzl oft zu tun. Ein Volksbegehren gegen Poststellen-Schließungen zugunsten neuer Post-Partner, Wickel mit der Gewerkschaft, die sich gegen Personalabbau stemmte, oder das Ende der Bankpartnerschaft mit der Bawag sind nur einige harte Gegenwind-Passagen in der 15-jährigen „Amtszeit“ des scheidenden Post-Chefs Georg Pölzl. In wenigen Wochen geht der passionierte Segler bei dem teilstaatlichen, börsennotierten Unternehmen von Bord.
Das Ruder überreicht der 67-jährige Pölzl dann an den bisherigen Finanzchef Walter Oblin. Dass der gebürtige Kärntner Oblin Anfang Oktober ein in Summe sehr erfolgreiches Unternehmen übernehmen kann, ist maßgeblich Pölzl zu verdanken. Denn der aus Graz stammende Montanuni-Absolvent hat nahezu radikal auf Modernisierungskurs und Internationalisierung gesetzt.
„An die echten Bedürfnisse der Kunden anpassen“
Wenn die Post mit insgesamt 28.000 Mitarbeitern heute 2,74 Milliarden Euro Umsatz macht und ein Betriebsergebnis von 190 Millionen Euro erwirtschaftet, ist das ein Resultat vieler tiefgreifender Veränderungen. „Wir haben immer versucht, die Leistung der Post an die echten Bedürfnisse der Kunden anzupassen“, zieht Pölzl am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten eine Bilanz, die über die üblichen Zahlen hinausgeht.
Der Wechsel von Postämtern zu Postpartnern war Pölzl zufolge eine entscheidende Veränderung. Sie brachte dauerhafte Kostenvorteile und erhielt die Präsenz am Land. Wenn heute die Banken ihre Filialen zusperren, macht Pölz Werbung für die gegründete „bank 99“ indem er verspricht, „wir bleiben, wir sperren nicht zu.“ Der Ausstieg der Bawag aus der langjährigen Partnerschaft hatte zu der Vorwärtsstrategie geführt inklusive der Übernahme des ING-Privatkundengeschäfts vor zwei Jahren. Begleitet war der „Bank99“-Start von „Pleiten, Pech und Pannen“, wie Pölzl einräumt. Noch wird an der Zusammenführung der IT-Systeme gearbeitet, was heuer weiterhin den „Break even“ vereitelt. Operativ habe man zuletzt aber schon plus-minus-null gearbeitet, so Pölzl. „Ich bin heilfroh, dass wir dort sind, wo wir sind“, so Pölzl wörtlich. „Das war schon ein Höllenritt.“ Den Aufbau der Bank bezeichnet der Post-Chef als „maximal komplexe Geschichte“. Die IT-Zusammenführung soll im nächsten Jahr abgeschlossen sein, dann werde man das Angebot auch in Richtung von Klein- und Mittelbetrieben erweitern.
„Vorschriften-Wahnsinn“
Schlagzeilen hat Pölzl zusammen mit seinem Vorstandskollegen Peter Umundum auch immer wieder bei der Umstellung der Flotte auf E-Fahrzeuge gemacht. Von den 8000 Fahrzeugen in Österreich sind 4000 E-Autos, deren Betrieb sich auch rechne. Für die langen Strecken zwischen den großen Verteilzentren wird derzeit viel getestet, Lkw, die mit Strom fahren, Wasserstoff aber auch wiederaufbereitetem Pflanzenöl. „Ich bin ein glühender Verfechter der Nachhaltigkeitsthemen“, sagt Pölzl. Die Post sei immer der „first mover“ gewesen. Inzwischen regiere aber der Vorschriften-Wahnsinn. Pölzl: „Wir werden die Controlling-Mannschaft verdoppeln müssen.“ Allein für Österreich gehe es um hundert zusätzliche Mitarbeiter. „Wir als Post können oder müssen das stemmen, aber was machen Klein- und Mittelbetriebe“, kritisiert der Post-Chef. „Damit deindustrialisieren wir Europa.“
Das Hauptgeschäft der Post machen die Pakete aus. Amazon als großer Treiber des Online-Handels ist gleichzeitig größter Postkunde und durch die Errichtung eigener Zustellzentren auch größter Konkurrent mit bereits 15 bis 20 Prozent Marktanteil. Die neuen, aggressiv werbenden China-Plattformen Temu oder Shein bezeichnet Pölzl als „fünf Prozent Veranstaltung“, sie seien aber klar eine Bedrohung des heimischen Handels. Ihrem Österreich-Marktplatz Shöpping konnte die Post nie zu einen durchschlagenden Erfolg verhelfen.
Die Internationalisierung verlief auch nicht ohne Stolpersteine. Die Übernahme des türkischen Paketzusteller Aras Kargo mündete in jahrelangen Rechtstreit mit der ursprünglichen Eigentümerfamilie. Die schlussendlich erfolgreiche Übernahme sieht Pölzl auch als größten Erfolg seiner Zeit als Post-Chef.