An diesem Freitag ist es genau 45 Jahre her, dass in Steyr der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) den symbolischen Spatenstich für den Baubeginn des BMW-Motorenwerkes setzte. Als dann 1983 die Produktion des zehntausendsten Motors gefeiert wurde, lächelte ein Arbeiter stolz in die Kamera. Heute werden in der oberösterreichischen Industriestadt 10.000 Motoren in zwei Tagen gebaut. In jedem zweiten weltweit verkauften BMW läuft ein Motorenherz aus Steyr. Eine auf „entweder oder“ reduzierte Debatte um Verbrenner- oder Elektromotoren findet hier nicht statt. Man baut beides. Denn wie und wann in den verschiedensten Märkten E-Autos der Renner werden, liegt auch an politischen Entscheidungen.
Beim Austrian World Summit in Wien lässt BMW-Topmanagerin Irene Feige am Donnerstag allerdings keinen Zweifel daran, dass die neue elektrische BMW-Generation beim CO2-Ausstoß massiv besser ist als die Verbrenner-Modelle. „Die Bilanz zwischen den Antrieben ist schon sehr eindeutig“, so Feige, Chefin der Abteilung CO2 und Kreislaufwirtschaft der gesamten BMW Group.
Ein elektrischer „I5“ der 5er Reihe verursache über den gesamten Lebenszyklus immerhin 60 Prozent weniger CO2-Emissionen als das vergleichbare Verbrenner-Modell - bezogen auf den österreichischen Strommix. Bei einem durchschnittlichen europäischen Strommix mit höherem Kohlestromanteil sei der Ausstoß immerhin noch um 36 Prozent geringer. Entscheidend für diesen Vorteil seien Maßnahmen, die BMW in der gesamten Lieferkette umgesetzt habe.
Erneuerbare statt Erdgas
Die Lieferketten weiter zu dekarbonisieren, ist eines der zentralen Ziele bis 2030. Konkret arbeite man am raschen Ausstieg aus Erdgas für die Energieerzeugung an allen Standorten. Im Werk Steyr wird dieser Schritt schon Ende 2024 gesetzt, der gesamte Energiebedarf wird dann aus erneuerbarem Strom und Biomasse für Fernwärme gedeckt. Beim Materialeinsatz ist Kreislaufwirtschaft das große Thema, erklärt Feige. BMW arbeite hier eng mit anderen Partnern zusammen, um den Markt in Gang zu bringen, so Feige. „Wir könnten bereits wesentlich mehr Material einsetzen“, sagt sie. Man übernehme gerade eine wichtige Funktion: Wenn ein Unternehmen wie BMW Recycling-Rohstoffe in Top-Qualität und garantierten Mengen kaufe, treibe das nicht nur die eigene Transformation an, sondern verändere einen ganzen Markt.
Strafzölle gegen China? „Wir lehnen die ab“
BMW-Motorenchef Klaus von Moltke nimmt auch zu den geplanten EU-Zöllen gegen chinesische Autobauer Stellung. „Wir lehnen die ab, diese EU-Außenhandelspolitik ist nicht gut“, erklärt er. „Wir produzieren für einen Weltmarkt.“ Tatsächlich werden die Zölle auch alle in China produzierten und in die EU exportierten BMW verteuern. Dazu äußert sich von Moltke nicht, er sagt aber: „Es könnte auch andere Instrumente als Zölle geben, wie die Verpflichtung zu lokaler Produktion in Europa. Zu denselben Bedingungen, wie wir sie haben.“
Das BMW-Motorenwerk in Steyr gilt als eine technologische Speerspitze im Konzern. Ab 2025 werden hier E-Motoren der neuen Generation gefertigt, die 30 Prozent mehr Leistung bei gleichem Stromverbrauch auf die Straße bringen sollen. Gleichzeitig soll die Ladezeit um ein Drittel kürzer sein. Rund eine Milliarde Euro investiert der Konzern dafür in den nächsten Jahren in Steyr. Die neue Fabrik in der Fabrik mit einer Kapazität für die Fertigung von 600.000 E-Motoren pro Jahr ist bereits mit 150 Maschinen bestückt – von der übrigens jede einen Energie-Pass hat. 1000 der 4700 Mitarbeiter werden ab September in der neuen Halle die Produktion hochfahren. Dass Arnold „Arnie“ Schwarzenegger seinen Besuch angesagt hat, sorgte am Donnerstag beim „Austrian World Summit“ in der Wiener Hofburg für großen Applaus.
Lokales Umfeld bei der Transformation „mitnehmen“
„Wir sind mittendrin in der Evolution“, so von Moltke. Angesichts der starken Veränderungen in der Produktion wolle man künftig auch den Blick viel mehr als bisher nach außen richten. Deshalb verpasse man sich auch für das Motorenwerk eine neue Strategie. Die ist vor allem darauf ausgerichtet, das lokale Umfeld bei der massiven Transformation des Standortes mitzunehmen. Deshalb werde man sich stärker öffnen, konkret viel enger mit Schulen, Institutionen und Universitäten kooperieren und auch anders als bisher am gesellschaftlichen Diskurs um Technologien beteiligen, dabei aber technologieoffen bleiben. „Wir müssen unsere Rolle anders wahrnehmen“, erklärt von Moltke. „Wir können die besten Ingenieure haben“, sagt er. „Wenn es aber im Umfeld zu Entwicklungen mit sehr negativen Auswirkungen kommt wie Lieferkettenproblemen, Inflation, erhöhten Kosten oder Technologiedebatten, die die Nachfrage verschieben, wenn es Fachkräftemangel gibt und die Region im Wettbewerb mit anderen nicht mehr attraktiv ist, dann haben wir ein Problem. Deshalb müssen wir Stadt, Land und Bund sicherstellen, dass wir unsere Interessen vertreten.“ Als großer Player spiele man schließlich auch eine bedeutende Rolle für andere Betriebe.