Debatten über die Arbeitszeit sind in Österreich ein heißes Eisen. Das gilt für die Wirtschaft und noch mehr für die Politik. Oberflächlich betrachtet stehen einander dabei zwei kategorische Positionen gegenüber: Auf der einen Seite fordert allen voran die Industrie eine Erhöhung der Arbeitszeit, pointiert zugespitzt in der Forderung nach einer 41-Stunden-Woche. Das Gegenstück sind die Kampagnen für eine Vier-Tage- beziehungsweise 32-Stunden-Woche von SPÖ und Arbeitnehmerorganisationen.
Die Realität ist dabei komplizierter und vielfältiger. Folgende Tatsachen stehen neben- und gegeneinander: Die gesetzliche Höchstarbeitszeit beträgt 40 Wochenstunden, wobei gesetzliche Ausnahmeregeln auch zeitlich beschränkt einen 12-Stunden-Tag erlauben, viele Kollektivverträge aber auch eine Arbeitszeit unter der 40-Wochenstunden-Norm vorsehen.
Viele Überstunden und hohe Teilzeitquote
Eine heimische Besonderheit ist die hohe und steigende Teilzeitquote. 2023 liegt diese laut Statistik Austria bei 30,9 Prozent; aufgeteilt nach Geschlechtern arbeiten bei den Frauen 50,1, bei den Männern 13,4 Prozent Teilzeit. Ebenfalls hoch, aber sinkend, ist die Anzahl der Mehr- und Überstunden. 2023 waren es 181, 2019 noch 261 Millionen.
Im oberen Feld liegt Österreich auch, was die Zahl der Urlaubs- und Feiertage mit 25 respektive 13 angeht. Die Schweiz und Deutschland etwa kommen hier auf 20 beziehungsweise 9, Frankreich auf 25/11, Tschechien auf 20/11.
Wieder etwas anderes ist, was die Menschen selbst wollen: Laut einer Umfrage der Statistik Austria will jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte seine Stunden reduzieren – und würde dafür auch ein geringeres Einkommen akzeptieren. Das umgedrehte Stimmungsbild gibt es auch: Laut Daten der Wirtschaftskammer wollen zwei Drittel der Befragten mehr arbeiten, wenn ihnen mehr Geld im Geldbörsl bleibt.
Eine Frage des Geldes
Es ist schwer, alle und alles über einen Kamm zu scheren. Aus Sicht der Wirtschaft muss das Arbeitsvolumen angesichts sinkender Arbeitszeiten und Produktivität erhöht werden. Für die Finanzierbarkeit von Sozialstaat und Pensionen ist die hohe Teilzeitquote fatal, weil dadurch die Beitragszahlungen sinken und die Auszahlungen steigen. So gesehen braucht es Anreize für Vollzeit.
Umgekehrt stößt auch die individuelle Belastbarkeit in der zunehmend hektischen und entgrenzten Arbeitswelt immer häufiger an ihre Grenzen.