Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs ist weiter zurückgegangen. Im internationalen Ranking der Lausanner Wirtschaftshochschule IMD ist Österreich auf den 26. Rang zurückgefallen, unter 67 bewerteten Ländern. Im Vorjahr hatte es noch Rang 24 gegeben, 2020 war Österreich auf Platz 16 gelandet. Schwacher Trost für Österreich, dass auch Deutschland zwei Plätze verlor und mit Rang 24, weiter nur knapp vor Österreich liegt.
Unter den 20 zentralen Kriterien schneidet Österreich vor allem bei Gesundheit und Umwelt, aber auch im internationalen Handel, Produktivität, gesellschaftliche Stabilität, Wissenschaftsrahmen und Bildung gut ab. Ausreißer ins Negative sind vor allem die Steuerpolitik sowie „Haltungen und Werte“. Partnerorganisation der IMD in Österreich ist die Industriellenvereinigung.
Auch Nordamerika verliert an Boden
Die Top-Nationen in der EU sind in diesem Vergleich Dänemark, Irland und die Niederlande auf den Plätzen drei, vier und sechs, in Europa ist nur die Schweiz auf Rang zwei besser. Spitzenreiter ist heuer Singapur, im Vorjahr noch vierter. Schlusslichter in Europa sind Ungarn, Bulgarien und die Slowakei, die nur auf Rang 59 kommt.
Europa hat in den jüngsten fünf Jahren bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Weltregionen verloren, zeigt das am Montag veröffentlichte „IMD World Competitiveness Ranking 2024“. Europa hält sich aber als Region hinter Ostasien auf Rang zwei. Deutlich verschlechtert haben sich demnach sowohl Nordamerika (derzeit Rang vier hinter Südasien) als auch Südamerika (abgeschlagen letzter Platz).
Europa hat seit der Jahrtausendwende kaum mehr einen Zuwachs der Produktivität pro Beschäftigtem geschafft und schneidet diesbezüglich wesentlich schlechter ab als China, der Nahe Osten oder auch Afrika. Aber diese Regionen hätten es weniger gut geschafft, solche wirtschaftlichen Gewinne auch in höhere Löhne, bessere Infrastruktur und Gesundheitsversorgung umzumünzen.
Drei zentrale Herausforderungen
Die Experten der IMD sehen drei zentrale Herausforderungen auf die wohlhabenden Staaten zukommen. Das sind die Konkurrenz durch aufstrebende Schwellenländer, der Umgang mit der digitalen Revolution und der Umstieg auf eine Kreislaufwirtschaft mit geringem CO2-Fußabdruck. Erfolgreich werden jene Länder sein, die sich an diese drei Herausforderungen anpassen und zugleich für ihre Bevölkerung Wohlstand generieren, heißt es im IMD-Bericht.
Wie wichtig der Einsatz von KI wird, scheint auch auf Unternehmensebene angekommen zu sein. Laut einer im IMD-Bericht veröffentlichten Umfrage unter Managern aus den 67 Ländern nennen rund 55 Prozent den Umbruch durch KI als größtes Risiko für ihre Unternehmen, dicht gefolgt von einer globalen wirtschaftlichen Stagnation und geopolitischen Konflikten. Die globale Erwärmung kam unter 10 abgefragten Risiken nur auf den letzten Platz, sie ist nur für rund 12 Prozent relevant.
Schwache Investitionen
Die IV sieht als Gründe für die sinkende Wettbewerbsfähigkeit Österreichs schwache Investitionen, ein generell schwaches Wirtschaftswachstum, fehlende strukturelle Reformen und zu wenig qualifizierte Zuwanderung. Österreich habe „zahlreiche Leistungen anzubieten, wie eine gut ausgebaute Forschungsförderung, ausgebildete Fachkräfte und auch eine hohe Lebensqualität“, schreibt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Sorge bereite aber „die Preis-Komponente“, also beispielsweise Kosten für Energie und Arbeit sowie massiv zunehmende bürokratische Belastungen.
Das gleiche Problem sieht FPÖ-Wirtschaftssprecher Axel Kassegger. „Österreichs Wirtschaft wird auch durch eine überbordende Bürokratie, Melde- und Berichtspflichten und Überregulierungen massiv belastet. Vieles davon ist auf nationaler Ebene verschuldet, aber auch durch sogenanntes Golden-Plating, durch die Übererfüllung von EU-Richtlinien“, kritisiert er in einer Aussendung. Er forderte „auf europäischer Ebene einen ganz grundsätzlichen Kurswechsel“ um die „die Wirtschaft belastenden Überregulierungen zu beenden, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft nicht noch weiter einzuschränken“.
Die NEOS nahmen den Bericht zum Anlass, einmal mehr eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent zu fordern. Dadurch würden jedem Österreicher und jeder Österreicherin pro Jahr durchschnittlich 2.130 Euro mehr in der Tasche bleiben, rechnen die NEOS vor. Auch WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf forderte in einer Aussendung „ein Bündel an Maßnahmen“ für den Standort Österreich ein, vor allem „Entlastung“. „Unsere Betriebe stöhnen unter, im internationalen Vergleich zu hohen, Steuern und Abgaben. Wir brauchen dringend etwa eine Senkung der Lohnnebenkosten. Entlastet gehört auch von zu viel Bürokratie“, so der langjährige ÖVP-Abgeordnete.