Den heutigen 17. Juni, den 21. Juni und den 25. Juni haben sich österreichische Fußballfans seit Wochen dick im Kalender eingetragen. Es sind jene drei Tage, an denen Österreichs Fußballnationalmannschaft seine Euro-Vorrundenspiele bestreitet. Und genau an diesen drei Tagen will die Gewerkschaft vida im Kampf um einen neuen Kollektivvertrag für die Fahrradboten und Essenszusteller weitere Nadelstiche setzen. Im völlig verfahrenen KV-Konflikt, der bisher sechs ergebnislose KV-Runden gebracht hat, dreht sich die Eskalationsspirale weiter.

Die Arbeitnehmervertreter haben zu Warnstreiks aufgerufen, protestiert wird in Wien, Graz, Salzburg und Klagenfurt jeweils am Abend von 17.30 bis 22 Uhr, also in der Zeit der Österreich-Spiele, also einer eigentlich potenziell sehr auftragsstarken Zeit für die Essenszusteller. Die Gewerkschaft fordert im KV-Konflikt, wie berichtet, eine Lohnerhöhung von 8,7 Prozent, das Angebot der Arbeitgeber liegt bei 5,8 Prozent. „Die Arbeitgeber und die Wirtschaftskammer sind nicht bereit, mit uns über faire Lohnerhöhungen zu verhandeln, die über der Armutsgrenze liegen“, kritisiert der vida-Spartenvorsitzende Markus Petritsch. In Wien wird nun bei Lieferando und Foodora gestreikt, in einzelnen Landehauptstädten bei Lieferando. In Graz wird dies beim Lieferando-Hub in der Neutorgasse der Fall sein, in Klagenfurt am Neuen Platz.

Die Verhandlungen drehen sich seit Monaten im Kreis, seit der letzten Runde im Mai gibt es nicht einmal einen neuen Gesprächstermin, es ist bereits mehrmals zu Arbeitsniederlegungen gekommen. Die Bruchlinien ziehen sich aber auch durch die Branche selbst. Wie berichtet, sind nur gut 2000 der insgesamt 4500 Fahrradboten im Land nach KV angestellt.

Warnstreik am Borealis-Standort in Schwechat
Warnstreik am Borealis-Standort in Schwechat © GPA

Der heutige Montag birgt auch an einer anderen „KV-Dauerbaustelle“ Spannung. Während in der Frühjahrslohnrunde in großen und bedeutenden Industriezweige wie der Elektro- und Elektronikindustrie, der Papierindustrie sowie der Glasindustrie längst Abschlüsse erzielen konnten, sind die Fronten in der chemischen Industrie verhärtet. In bisher sechs Verhandlungsrunden ist es zu keinem Durchbruch gekommen. Heute wird weiterverhandelt. Um den Druck zu erhöhen haben die Gewerkschaften Pro-GE und GPA in der vergangenen Woche zu ein- bis zweistündigen Warnstreiks in 50 Betrieben der Chemischen Industrie und Pharmaindustrie aufgerufen. Die Arbeitnehmerseite fordert für die rund 50.000 Beschäftigten der Branche ein Lohn- und Gehaltsplus von 6,33 Prozent, was der rollierenden Inflation entspricht. Für hohe Gehaltsstufen sei eine gedeckelte Zahlung denkbar, hieß es zuletzt. Die Arbeitgeberseite, die in den vergangenen Wochen immer wieder auf die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verwiesen und von der Gewerkschaft mehr Realitätssinn eingemahnt hatte, meinte zuletzt, dass man sich „schon sehr nahe“ gekommen sei.

Holprig sind bisher, wie berichtet, auch die KV-Verhandlungen für die rund 25.000 Arbeiter und Arbeiterinnen in den Speditions- und Lagereibetrieben verlaufen. Nachdem mittlerweile vier Runden gescheitert sind, hat die Gewerkschaft vida die Streikfreigabe beim Gewerkschaftsbund beantragt. Die Arbeitgeber bieten derzeit ein Lohn- und Gehaltsplus von 5,8 Prozent, die Gewerkschaft fordert dagegen eine volle Abgeltung der durchschnittlichen Inflation – und damit ein Plus von 7,8 Prozent.