Die US-Notenbank Federal Reserve tastet die Zinsen, wie erwartet, auch diesmal nicht an. Der Leitzins wird damit in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent belassen. Die Fed reagiert damit nicht unmittelbar auf die Europäische Zentralbank (EZB), die ihre zarte Zinswende in der Vorwoche eingeleitet hatte.

Die US-Notenbank Fed erwartet in diesem Jahr nur noch eine Zinssenkung. Das legen neue Zinsprognosen der Notenbanker nahe, die am Mittwochabend nach der Sitzung des geldpolitischen Ausschusses in Washington veröffentlicht wurden. Zuletzt hatten die Notenbanker bei der vorangegangenen Prognose im März noch drei Zinsschritte in Aussicht gestellt. 

„Bescheidene weitere Fortschritte“ bei der Inflation

Bei der Inflationsentwicklung sieht die US-Notenbank Fortschritte. „In den letzten Monaten gab es bescheidene weitere Fortschritte in Richtung des Inflationsziels von 2 Prozent“, heißt es in der Mitteilung. Die Inflationsrate war im Mai auf 3,3 Prozent gesunken. Im Jahr 2022 hatte die Inflationsrate zeitweise noch gut neun Prozent betragen. Die Rate liegt derzeit aber immer noch deutlich über dem von der Fed angestrebten Inflationsziel von zwei Prozent.

Die Prognosen zum Wirtschaftswachstum wurden nicht verändert. Demnach dürfte die Wirtschaftsleistung um 2,1 Prozent zulegen. In den Jahren 2025 und 2026 wird ein Wachstum von jeweils 2,0 Prozent erwartet.

Nach Entspannungssignalen von der Preisfront hielt die US-Notenbank die Tür für eine Zinssenkung im zweiten Halbjahr demnach offen. Nachdem die Inflationsrate im Mai überraschend auf 3,3 Prozent gefallen ist, machen die Währungshüter um Federal Reserve-Chef Jerome Powellnun in jüngsten Monaten einen „moderaten weiteren Fortschritt“ auf dem Weg zu ihrem Ziel einer Teuerungsrate von zwei Prozent aus. Zugleich signalisieren sie in ihrem aktualisierten Ausblick für das laufende Jahr im Mittel nur noch einen Zinsschritt nach unten. Im März hatten sie noch drei Senkungen avisiert.

Keine Rede mehr von drei Zinssenkungen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte vergangene Woche die Zinswende eingeleitet und den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Die neue Wirtschaftsprognose der Fed deutet zwar weiter darauf hin, dass die Zentralbank in diesem Jahr die Zinsen noch senken dürfte – allerdings nur ein einziges Mal. In ihren vergangenen beiden Prognosen hatte die US-Notenbank noch drei Zinsschritte um 0,25 Prozentpunkte für dieses Jahr vorhergesagt. Die Entscheider der Fed rechnen nun für dieses Jahr im Mittel mit einem Leitzins von 5,1 Prozent (März: 4,6 Prozent).

Seit März 2022 hat die Notenbank ihren Leitzins im Kampf gegen die Inflation im rekordverdächtigen Tempo um mehr als fünf Prozentpunkte angehoben. Zuletzt drehte sie allerdings nicht mehr an der Zinsschraube. Die Inflationsrate – im Sommer 2022 mit mehr als 9 Prozent so hoch wie seit rund vier Jahrzehnten nicht mehr – ging seit den Zinserhöhungen deutlich zurück, die Preise steigen nun deutlich langsamer an. Dennoch scheint das 2-Prozent-Ziel der Fed aktuell außer Reichweite.

Gute Nachrichten kamen allerdings wenige Stunden vor der Zinsentscheidung vom US-Arbeitsministerium. Demnach hat sich in den USA der Preisauftrieb unerwartet etwas abgeschwächt. Die Verbraucherpreise stiegen im Mai zum Vorjahresmonat um 3,3 Prozent. Im April hatte die Rate 3,4 Prozent betragen. Analysten hatten mit einer unveränderten Inflationsrate für Mai gerechnet. Auch die Notenbank selbst veröffentlichte nun ihre Wirtschaftsprognosen – darunter auch die Schätzung für die Teuerungsrate.

Konjunkturprognose bleibt aufrecht

Diese Schätzungen waren allerdings etwas pessimistischer. Die Notenbank rechnet in diesem Jahr in den USA mit einer etwas höheren Teuerungsrate von durchschnittlich 2,6 Prozent (März: 2,4 Prozent). Für das Jahr 2025 geht die Fed von einer Inflationsrate von 2,3 Prozent aus (März: 2,2 Prozent). Die Kerninflation, also ohne Berücksichtigung von Lebensmittel- und Energiepreisen, soll dieses Jahr aber bei 2,8 Prozent (März: 2,6) liegen. Die Notenbanker schauen in ihrer Analyse besonders auf diesen Wert. Er gibt den allgemeinen Preistrend nach Meinung von Fachleuten besser wieder als die Gesamtrate, da schwankungsanfällige Komponenten herausgerechnet werden.

An ihrer Konjunkturprognose für die USA änderte die US-Notenbank hingegen nichts. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft wird demnach 2024 um 2,1 Prozent wachsen – so wie bereits im März prognostiziert. Diese neuen Zahlen dürften den Druck auf die Fed mindern, die Zinsen schnell deutlich zu senken. Die US-Notenbank kann sich dank des robusten Wachstums erlauben, die Situation weiter zu beobachten.

Notenbanken erhöhen die Zinsen, um die Nachfrage zu bremsen. Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr für Kredite ausgeben - oder sie leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht unbegrenzt weitergeben - und idealerweise sinkt die Inflationsrate. Für die Fed ist der Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise ein Balanceakt. Bei zu hohen Zinsen besteht die Gefahr einer Rezession. Die US-Wirtschaft ist allerdings trotz hoher Zinsen überraschend stark.