Die Wahlen in Europa sind geschlagen, jene um die künftige Regierung in Österreich folgt Ende September. Was braucht die Union der 27, was die Republik aus neun Bundesländern? Die Kleine Zeitung lud in Person von Geschäftsführer Thomas Spann und Chefredakteur Hubert Patterer zum Austausch mit Spitzenmanagern in die Wiener Redaktion. Gekommen sind Matthias Winkler (Hotel Sacher), Julia Guizani (Sanofi-Aventis), Markus Wildeis (Stellantis Austria), Michael Buchmeier (ÖRAG Österreichische Realitäten AG), Henriette Egerth-Stadlhuber (Öster. Forschungsförderungsgesellschaft), Fritz Kaltenegger (café+co), Michael Ehlmaier (EHL Immobilien) und Hubert Wetschnig (Habau). Für das leibliche Wohl sorgten Spitzenkoch Hubert Wallner und Winzer Josef Scharl aus St. Anna am Aigen.

Eine „ausgewogenere Balance“ zwischen den Zielen des Green Deals und den Notwendigkeiten des Wirtschaftsstandorts erwartet Forschungsmanagerin Egerth-Stadlhuber vom Ausgang der EU-Wahlen, bei der Grüne, Liberale und Linke verloren haben. Insbesondere eine Überarbeitung des Beihilferechts, um eine öffentliche Anschubfinanzierung bei Forschung und Technologien auch in reichen EU-Staaten wieder zu ermöglichen, erhofft sie sich von der neuen EU-Kommission. Dem stimmte auch Ex-ÖVP-Manager Kaltenegger zu. „Wenn Ursula von der Leyen als neue alte EU-Kommissionschefin so weitermacht wie bisher, dann ist das der falsche Weg.“ Mit Blick auf die jüngsten Wahlen ist er überzeugt: „Österreich lernt nichts aus seinen Wahlergebnissen, dabei haben diese reale Folgen für Wirtschaft wie Gesellschaft.“

„Wir frönen einer riesigen Lust der Selbstzerfleischung“, konstatiert Sacher-Chef Matthias Winkler, und nimmt dabei Politik wie Medien in die Verantwortung. Dabei findet er, dass die Koalition durchaus gut arbeite. „Der Tourismus lebt von der Stimmung. Wer fürchtet, dass es schlechter wird, spart zuallererst beim Reisen und Urlauben.“ Der Ruck zu den Rechtsaußen-Protestparteien bei EU-Wahlen habe gezeigt, wie schlecht die Stimmung derzeit in vielen Ländern ist.

Auto-Manager Wildeis sieht darin einen Beleg für „Führungsvakuum“ in Österreich und darüber hinaus. Richtig sei, dass die Branche die Angst umtreibe, von einer E-Auto-Invasion aus China überrollt zu werden, aber „wir wollen nicht Weltmarktführer beim Verbrennermotor werden“, spielt er auf jüngste Aussagen der Kanzlerpartei ÖVP an. Trotzdem warnt Wildeis für EU-Sanktionen gegen Chinas E-Autos – allerdings vergeblich: Am Mittwoch kündigte die EU-Kommission diesen Schritt an.

Den Blick wieder nach innen richtete Bau-Manager Wetschnig, der die heimische Wettbewerbsfähigkeit im anhaltenden Niedergang sieht – und das nicht als einziger in der Runde. Dem stimmte auch Pharma-Managerin Guizani zu, obwohl „Österreich eigentlich noch ein attraktiver Forschungsstandort ist“ – aber eben immer ein bisschen weniger attraktiv werde: „Vor 20 Jahren ist noch jedes zweite neue Medikament aus Europa gekommen, heute ist es nur noch jedes sechste.“ Um diesen Trend wieder umzukehren, brauche es Innovationsoffenheit.