Just in einer Zeit, in der nach den USA auch die EU Strafzölle für chinesische Produkte, allen voran Elektroautos, einführen will, sind chinesische Marken präsent wie selten zuvor: Denn mit dem Ankick zur Fußball-Europameisterschaft in Deutschland heißt es auch: Bühne frei für die exklusiven Großsponsoren. Spätestens ein Blick auf die Werbebanden in den Stadien wird bei so manchem Zuschauer Fragen aufwerfen – wer steckt eigentlich hinter Namen wie BYD, Alipay, Aliexpress, Hisense oder Vivo?

Diese in unseren Breiten mehr oder weniger bekannten Marken bilden gemeinsam mit acht weiteren Konzernen die Riege der offiziellen globalen Euro-Sponsoren. Dass sich asiatische Unternehmen auch für Fußballeuropameisterschaften begeistern, ist nicht neu. Die Dimension sehr wohl. Gleich fünf dieser 13 Großsponsoren kommen aus China, drei aus Deutschland (Adidas, Lidl, Engelbert Strauss), auch „Visit Katar“ ist vertreten, hinzu kommt mit „Coca-Cola“ einer der wenigen verbliebenen „Klassiker“ unter den Euro-Sponsoren.

Wer aber aus der Sponsorenliste auch die Veränderungen im weltwirtschaftlichen Gefüge ableiten möchte, kommt insbesondere an BYD nicht vorbei: BYD steht für „Build Your Dreams“ und ist der wahrscheinlich ambitionierteste Elektroautohersteller aus China. BYD zählt zu jener Phalanx neuer Automarken, die von China aus die Welt erobern wollen – und es speziell auf Europa abgesehen haben. Noch hält sich der Erfolg in engen Grenzen, aber die Expansion steht am Anfang und ist von Ehrgeiz geprägt.

Dass es nun ausgerechnet in Deutschland zu dieser Sponsoring-Premiere kommt, hat mehr als nur eine symbolische Note. Unser Nachbarland, im Selbstverständnis der Automobilstandort schlechthin, kämpft wie kaum ein anderes Land mit der mobilen Transformation. Giganten wie Volkswagen haben aufgrund ihrer hauseigenen Restrukturierungen, die auch aufgrund des chinesischen Expansionsdrangs in der E-Mobilität notwendig werden, für ein Großsponsoring im Heimatland abgewunken. Und das Feld dem Rivalen überlassen.

Gleich fünf der 13 Großsponsoren kommen aus China
Gleich fünf der 13 Großsponsoren kommen aus China © IMAGO/Markus Fischer

Auch als offizieller Smartphone-Ausrüster der Euro tritt ein chinesisches Unternehmen mit Offensivdrang auf. Erst seit 2020 verkauft Vivo Smartphones in Europa, mittlerweile zählt das Unternehmen mit einem globalen Marktanteil von rund acht Prozent zu den Top-5-Herstellern. Entwachsen war Vivo, wie auch Marken à la Oppo, OnePlus oder Realme, aus dem unternehmerischen Imperium des chinesischen Milliardärs Duan Yongping, der BBK-Gruppe. Mittlerweile ist die Zugehörigkeit nicht mehr klar nachzuvollziehen, Oppo und Vivo sprechen von sich selbst als unabhängige Unternehmen. Kurioses Detail: Im EM-Ausrichterland Deutschland waren Vivo-Geräte wegen eines Patentstreits mit Nokia lange gar nicht erhältlich. Seit 2022 ist Vivo übrigens auch ein Partner der Österreichischen Fußball-Bundesliga.

Hisense: der erste chinesische UEFA-Sponsor

Im Gegensatz zum erst nach der Jahrtausendwende gegründeten Smartphone-Bauer kann Hisense, ein weiterer EM-Großsponsor aus China, bereits auf eine längere Tradition zurückblicken. 1969 gegründet, zählt der Konzern zu den global führenden Herstellern von TV-Geräten. Vertrieben werden aber auch Kühlschränke oder Waschmaschinen, die bekannte, ehemals slowenische Marke Gorenje zählt ebenfalls längst zum chinesischen Riesen. Auch im Sport-Sponsoring ist der Name etabliert. 2014 wurde Hisense als Premium-Partner des deutschen Fußballclubs Schalke 04 vorgestellt, kurz darauf installierte das Unternehmen einen gigantischen Video-Würfel im Stadion der Gelsenkirchener, bei der EM 2016 in Frankreich trat Hisense als erster und damals einziger chinesischer Konzern als Sponsor einer Fußball-Europameisterschaft auf.

Komplettiert wird das chinesische Sponsoren-Quintett von Alipay und AliExpress, zwei Unternehmen der Alibaba-Gruppe.

UEFA will 2,4 Milliarden Euro einnehmen

In Summe rechnet die UEFA nicht zuletzt dank der starken chinesischen Präsenz mit Einnahmen von mehr als 2,4 Milliarden Euro (um ein Drittel mehr als bei der Euro 2021) – und einem Gewinn von gut 1,5 Milliarden. Zum Vergleich: Bei der Euro 2008, die ja in der Schweiz und Österreich über die Bühne ging, lagen die Gesamteinnahmen für den Fußballverband noch bei rund 1,25 Milliarden Euro. Und schon das war damals ein Rekord. Seit der Euro 2000 haben sich Einnahmen verdreifacht.

Die Sponsoren der EM 2008 in Österreich und der Schweiz. Damals verdiente die UEFA noch knapp die Hälfte
Die Sponsoren der EM 2008 in Österreich und der Schweiz. Damals verdiente die UEFA noch knapp die Hälfte © GEPA

Die drei wichtigsten Säulen, auf denen diese Einnahmen fußen, sind: Die Übertragungsrechte (der mit Abstand größte Brocken), die Sponsoring- und Lizenzverträge sowie der Ticketverkauf, der trotz der rund 2,7 Millionen verkauften EM-Eintrittskarten nur einen kleinen Teil ausmacht. „Medienrechte“ und „Kommerzielle Rechte“ für die Spiele sorgten bei der letzten Euro für rund 88 Prozent der Gesamteinnahmen.

Wie mittlerweile bei fast jedem Fußball-Großereignis, aber etwa auch Olympischen Spielen, wird auch die am Freitag beginnende Euro wieder von diesem Befund begleitet: Das Austragungsland zahlt, der Verband kassiert. So sind zuletzt Recherchen von ZDF und „Spiegel“ zum Ergebnis gekommen, dass mit der Euro Kosten in Höhe von rund 650 Millionen Euro auf Bund, Länder und Städte zukommen – vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Verkehr und Sicherheit. Gleichzeitig halten sich die Steuereinnahmen in engen Grenzen. Internationale Sportverbände – vom Olympischen Komitee (IOC) über die FIFA bis zur UEFA – pochen bei Großereignissen auf umfassende Steuerprivilegien, die immer wieder für heftige Kontroversen sorgen.