Österreich ist für den US-Giganten Microsoft alles andere als ein weißer Fleck auf der Landkarte. Der Konzern baut seit einigen Jahren rund um Wien drei Data-Center auf, die 2025 in Betrieb gehen und mehr als eine Milliarde Euro kosten dürften. Genaue Zahlen zu dieser neuen Cloudregion nennt das Unternehmen ebenso wenig wie die konkreten Standorte der Datacenter.

Dass die Wahl vor vier Jahren überhaupt auf Österreich fiel, erklärt Microsoft-Österreich-Chef Hermann Erlach im Gespräch mit Journalisten einerseits mit der ausreichend großen Zahl an Entwicklern im Mitarbeiter-Team, der hohen Verfügbarkeit von Grün-Strom oder der Erdbebensicherheit. Ein weiterer Faktor sei das enge Zusammenspiel mit Unternehmen, die auf sichere Cloudlösungen setzen und Künstliche Intelligenz (KI) nutzen wollen.

Data Center von Microsoft
Data Center von Microsoft © Microsoft

4500 Unternehmen und Organisationen seien Teil des von ihm gegründeten Netzwerks „Mach heute morgen möglich“, so der Manager, der seit knapp drei Jahren Chef von Microsoft Österreich ist. Mithilfe des Netzwerks geht es darum, KI durch ganz praktische und nützliche Anwendungen, sogenannte „Use-Cases“ auf den Boden zu bringen und zu erklären. Die Kooperation mit dem Grazer Maschinenbauer Andritz ist ein prominentes Beispiel: Andritz und Microsoft sorgten etwa auf der Hannover-Messe für Aufsehen, wie eine Maschine in einem KI-Frage-Antwort-Dialog mit einem Menschen ein Funktionsproblem exakt benennen kann – alles per Smartphone in jeder Sprache.

Technische Produkte ohne AI (Artificial Intelligence) würden künftig „unverkäuflich“ sein, so Erlach. Für die regulatorische Gesetzgebung sei das extreme Tempo der IT-Entwicklung allerdings eine enorme Herausforderung. Weil diese Kluft noch größer werde, müssten Unternehmen sich selbst noch viel stärker als bisher um ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit kümmern. Gleichzeitig müsse aber auch die Politik positive Impulse setzen. Da sich Tagespolitik selten mit Wirtschaft und noch seltener mit IT beschäftigt, wünscht sich Erlach Expertengremien, die der Politik zur Seite stehen.

„Hier müsste es eine digitale Verwaltungsreform geben“

„Für die Ankurbelung des Wirtschaftsstandortes spielen die Digitalisierung und AI eine zentrale Rolle“, so Erlacher. Wer sich technologisch abhängen lasse, müsse mit großen wirtschaftlichen Schäden für den Standort rechnen. Bei offensiverer Nutzung von KI-Lösungen gebe es dagegen ein deutlich zweistelliges Wachstumspotenzial, bezieht sich der Microsoft-Österreich-Chef auf eine Economica-Studie, die in Kürze vorgestellt werden soll. Sie kommt demnach auf ein kumuliertes BIP-Plus von 18 Prozent bis 2030.

„Durch die Demografie, den Wegfall von Ressourcen werden wir unseren historisch sehr gut funktionierenden öffentlichen Bereich neu denken müssen“, ist Erlach überzeugt. „Hier müsste es eine digitale Verwaltungsreform geben.“ Die Menschen sollten dadurch besseren Bürgerservice bekommen. Insbesondere nicht so mobile Menschen oder Ältere dürften sich große Vereinfachungen erhoffen, denn sichere KI-Anwendungen mit Spracherkennung seien bereits heute verfügbar. Ein anderes Beispiel Erlachers: Wenn Hotlines im Kundenservice heute meistens ein Riesenärgernis seien, könne hier selbst lernende AI eindrucksvolle Lösungen bieten.

Mit seiner Bildungssoftware 365 Education dürfte sich Microsoft in Österreich allerdings selbst Ärger eingehandelt haben. Datenschützer Max Schrems und die von ihm mitgegründete Organisation noyb erhebt schwere Vorwürfe gegen den Konzern, wonach Schüler getrackt, also digital verfolgt würden. Erlach räumte ein, dass die Schuladministratoren bei der Nutzung der Software offenbar mehr Unterstützung bräuchten. Zu den Vorwürfen selbst wollte er mit Hinweis auf das laufende Verfahren bei der Datenschutzbehörde nichts sagen.